Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung. Versicherungspflicht. zahnärztliche Tätigkeit in einer Gemeinschaftspraxis auf der Basis eines Vertrags über eine zahnärztliche gleichberechtigte Gemeinschaftspraxis. Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung. rechtlichen Einordnungen des Vertrags(zahn)arztrechts und des (zahn-)ärztlichen Berufsrechts sind für sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nicht bindend

 

Leitsatz (amtlich)

Die rechtlichen Einordnungen des Vertrags(zahn)arztrechts und des (zahn-)ärztlichen Berufsrechts sind für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung nach § 7 Abs 1 SGB IV nicht bindend. Sie stellen (nur) einen Gesichtspunkt in der Abwägung aller für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Erwerbstätigkeit sprechenden Indizien dar; eine strikte Parallelität findet insoweit grundsätzlich nicht statt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.01.2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 13.379,26 € endgültig festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialabgaben für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) während der Zeit von 2008 bis 2011.

Der Kläger ist Zahnarzt; er nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung mit Sitz in K. teil. Die 1965 geborene Beigeladene zu 1) ist Zahnärztin und ebenfalls zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Der Kläger und die Beigeladene zu 1) schlossen unter dem 08.04.2005 einen als “Gesellschaftsvertrag„ bezeichneten Vertrag (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag). Dieser enthält u.a. folgende Regelungen:

Es wird vereinbart, dass beide oben genannten Personen (Kläger und Beigeladene zu 1)) die vertragszahnärztliche und privatzahnärztliche Tätigkeit in Form einer Gemeinschaftspraxis ... ausüben.

...

Sie gründen zur Erreichung dieses Zweckes eine Gemeinschaft bürgerlichen Rechtes. ...

§ 1 Vertragszweck

Zweck des Vertrages ist die gemeinschaftliche Ausübung privatzahnärztlicher und kassenzahnärztlicher Tätigkeiten in K., Sch. ab dem 01.01.2005 ... Die Praxisräume befinden sich in den bisher von Dr. P. genutzten Räumen in der Sch. in 7... K.. Die Vertragspartner stellen ihre Arbeitskraft nach Absprache der Gemeinschaftspraxis zur Verfügung und verpflichten sich zur konsiliarischen Beratung. Die Vertragspartner sind gleichberechtigt und einander nicht weisungsbefugt.

...

§ 2 Vertragsdauer

Der Vertrag gilt vorerst bis zum 31.12.2008 und verlängert sich jeweils um ein Jahr, falls er nicht mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauftermin von einem der beiden Vertragspartner gekündigt wird ...

Nach dem 31.12.2008 soll eine Neuregelung des Vertrages im Sinne einer gleichberechtigten Sozietät vorgenommen werden.

...

§ 3 Honorarverteilung

Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, dass die Umsätze der einzelnen Gesellschafter separat erfasst werden. Die Gesellschafterin Frau Dr. M.-Sp. erhält aus dem von ihr veranlassten zahnärztlichen Honorar 30 %. Den übrigen Überschuss aus den Einnahmen der Gemeinschaftspraxis erhält Herr Dr. P., nachdem von diesen Einnahmen sämtliche Praxisausgaben beglichen worden sind. Dazu gehören insbesondere die Kosten für die Anmietung der Praxisräume, deren Unterhalt, die Stellung sämtlicher Betriebsmittel, sämtliche Personalkosten, die Kosten der Ersatzbeschaffung und Reparatur der Praxisgerätschaften sowie die Übernahme der Kosten der Steuer- und Rechtsberatung. Zu diesen Praxiskosten zählen auch die im Zusammenhang mit dem Praxislabor entstehenden Unkosten.

Frau Dr. M.-Sp. hat das Recht, die entsprechenden Abrechnungsunterlagen (Statistik) regelmäßig einzusehen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Abrechnung jeweils zeitnah unter Federführung von Herrn Dr. P. zu veranlassen ist.

Sollte sich herausstellen, dass Rückerstattungen vorzunehmen sind oder Kürzungen infolge von Beanstandungen von Kassen erfolgen, die der Behandlerin Frau Dr. M.-Sp. zuzuordnen sind, so ist zwischen den Gesellschaftern ein entsprechender Ausgleich auch für bereits vorangegangene Abrechnungsjahre vorzunehmen.

§ 4 Gemeinsame Einrichtungen

Das Praxisschild und alle Praxisdrucksachen werden geändert. Für die Gemeinschaftspraxis werden die bisherigen Bankkonten von Herrn Dr. P. weitergeführt. Für die Gemeinschaftspraxis wird ein weiteres Konto bei ... errichtet, über welches beide Gesellschafter im Rahmen dieses Gesellschaftsvertrages Verfügungsbefugnis haben.

§ 5 Praxiseinrichtung und ideeller Wert

Herr Dr. P. bringt seinen bisherigen Patientenstamm in die Gemeinschaftspraxis ein. Die in dem Zusammenhang bestehende Praxiseinrichtung bleibt im Sondervermögen von Herrn Dr. P.. Herr Dr. P. stellt diese Praxiseinrichtung zum Zwecke des Betriebes der Gemeinschaftspraxis zur Nutzung zur Verfügung. Herr Dr. P. ist verpflichtet, das Praxis...

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