Rz. 1812

Ausdrücklich festgelegt ist nunmehr in § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG die Nichtanwendung des AÜG auf nur gelegentliche Überlassung von Arbeitnehmern, die nicht zum Zwecke der Überlassung eingestellt und beschäftigt werden. Da § 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG dogmatisch zu den Ausnahmetatbeständen der Arbeitnehmerüberlassung gehört, sind an das Merkmal "gelegentlich" strenge Anforderungen zu stellen. Aus dem Anwendungsbereich des AÜG ausgeklammert werden sollen insbesondere die Abdeckung eines kurzfristigen Spitzenbedarfs, sowie "Bagatellfälle", etwa zwischen Handwerksbetrieben oder gemeinnützigen Organisationen.

 

Rz. 1813

Noch zum alten AÜG-Recht, wenngleich schon unter Berücksichtigung der Leiharbeitsrichtlinie, hatte das BAG (2.6.2010 – 7 AZR 946/08) nur gelegentliche und damit erlaubnisfreie Arbeitnehmerüberlassung in einem Fall angenommen, bei dem eine formal in einem gemeinnützigen Verein (ohne eigene Schule) angestellte Teilzeitlehrerin jeweils zur Aushilfe an einer integrierten Stadtteilschule in Bremen eingesetzt wurde. Gegen die Vorinstanzen, die einen Umgehungstatbestand angenommen hatten, verneinte das BAG unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung, weil bei dem Verein keine Gewinnerzielungsabsicht vorgelegen habe. Die BA wertete diesen Fall als Beispiel gelegentlicher Arbeitnehmerüberlassung, obwohl vieles dafür spricht, dass die Sache nach heutigem Recht, das nicht mehr Gewerbsmäßigkeit verlangt, sondern nur noch wirtschaftliche Tätigkeit ohne Erwerbsziel (Art. 1 Abs. 2 RL 2008/104 EG), anders beurteilt werden muss.

 

Rz. 1814

Nach ständiger EuGH-Rspr. ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (Pavlov v. 12.9.2000 – C-180/98; Cisal v. 22.1.2002 – C-218/00; Kattner v. 5.3.2009 – C-350/07; AG2R Prévoyance v. 3.3.2011 – C-437/09). Weder die Verfolgung eines sozialen Zwecks noch das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht nahmen im Urteil Fédération francaise des sociétés (16.11.1995 – C-244/94; ihm folgend Pavlov, Rn 14 u. AG2R Prévoyance, Rn 45) der Tätigkeit ihren wirtschaftlichen Charakter. Anders soll es bei öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungssystemen nur dann sein, wenn diese den Grundsatz der Solidarität gehörig umsetzen und der staatlichen Aufsicht unterliegen (Cisal; Kattner Rn 44 u. 60; AG2R Prévoyance Rn 47 ff.).

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