Rz. 1803

Nicht als Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. AÜG gilt die Abordnung von Arbeitnehmern zu einer ARGE, deren Mitglieder sich jeweils zur selbstständigen Erbringung von Vertragsleistungen verpflichtet haben, wenn darüber hinaus für alle ARGE-Mitglieder Tarifverträge desselben Wirtschaftszweiges gelten (§ 1 Abs. 1a S. 1 AÜG). Dies trifft vor allem im Baugewerbe zu. Das generelle Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Baugewerbe (vgl. unten Rdn 1806) kommt für Bau-ARGEn nicht zum Tragen.

 

Rz. 1804

Typisch und zulässig ist eine Vermischung des Personals im Rahmen arbeitsteiliger Tätigkeit im ARGE-Projekt. Die vertragliche Verpflichtung soll sich also nicht im bloßen Überlassen der Arbeitnehmer erschöpfen, sondern diese als Erfüllungsgehilfen zur selbstständigen Teil-Werkherstellung oder -Dienstleistung einsetzen (vgl. auch Nr. 1.1.6.7.7 BA-Geschäftsanweisung).

 

Rz. 1805

Das besondere Merkmal der einheitlichen Tarifgeltung wird vom Gesetz nicht eingeschränkt. Sie besteht also nicht nur im Fall der Tarifbindung durch Verbandsmitgliedschaft oder Allgemeinverbindlichkeit (§§ 3, 5 TVG), sondern auch durch einzelvertragliche Vereinbarung mit den in der ARGE eingesetzten Arbeitnehmern (ebenso ErfK/Wank, § 1 AÜG Rn 64; Schüren/Hamann, § 1 Rn 470; gegen die einzelvertragliche Bezugnahme wohl weiterhin auch Nr. 1.1.6.7.3 BA-Geschäftsanweisung). Auf eine kollektive Tarifbindung auch des Arbeitnehmers stellt das Gesetz ohnehin nicht ab.

 

Rz. 1806

Der EuGH (v. 25.10.2001 – Rs. C-493/99) hat Deutschland wegen Verstoßes gegen die Art. 52 und 59 EGV verurteilt, weil Unternehmen aus Mitgliedstaaten ohne Sitz oder Niederlassung in Deutschland mangels Tarifbindung nicht das ARGE-Privileg des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG a.F. in Anspruch nehmen konnten. Dem trug der deutsche Gesetzgeber durch die Einfügung des § 1 Abs. 1a S. 2 AÜG n.F. Rechnung, wonach Arbeitgeber aus einem anderen Mitgliedstaat des EWR nun auch ohne Unterwerfung unter einen deutschen Tarifvertrag abordnen können (auch unten Rdn 1821).

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