aa) Nicht ausreichende Fahrerlaubnis

 

Rz. 58

Führerscheinloser Fahrer ist auch, wer zwar eine Fahrerlaubnis hat, nicht aber die zum Führen des benutzten Fahrzeugs berechtigende. In der Regel sind das die Fälle, in denen der Fahrer ein leistungsstärkeres Motorrad fährt, für das seine Fahrerlaubnis nicht ausreicht oder ein Lkw-Fahrer nicht rechtzeitig seinen Lkw-Führerschein hat verlängern lassen.

bb) Technische Veränderungen

 

Rz. 59

Vor allem jugendliche Zweiradfahrer steigern nicht selten durch technische Veränderungen die Leistung ihres Mopeds oder Motorrads. Zum Fahren solcher frisierter Maschinen reicht ihre Fahrerlaubnis dann jedoch nicht mehr aus.

 

Rz. 60

 

Tipp: Technische Veränderungen am Leichtkraftrad

Eine Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis erfordert bei erheblichem Überschreiten der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit in der Regel zwar nicht den Nachweis, dass der Betroffene technische Veränderungen vorgenommen hat. Wenn aber keine äußeren Eingriffe nachzuweisen sind, kann dem Fahrer ein Schuldvorwurf nur gemacht werden, wenn das Leichtkraftrad mindestens 20 % schneller als zugelassen fahren kann (OLG Karlsruhe DAR 2003, 132).

cc) Abschleppen

 

Rz. 61

Wer ein betriebsunfähiges Fahrzeug zur nächstgelegenen Werkstatt abschleppt, braucht keine besondere Fahrerlaubnis (BGH 23, 108; OLG Hamm DAR 1999, 178). Das ist in § 6 Abs. 1 S. 3 FeV jetzt ausdrücklich geregelt.

Abgeschleppt werden darf aber nur ein betriebsunfähig gewordenes Fahrzeug. Streitig ist, ob diese Voraussetzung nur im Fall eines technischen Defekts oder auch im Fall von Treibstoffmangel erfüllt ist. Das OLG Hamm (DAR 1999, 178) hält unter Hinweis auf § 18 Abs. 1 StVZO auch das Abschleppen eines wegen Treibstoffmangels liegengebliebenen Fahrzeugs für zulässig. Nach dieser Vorschrift unterliegen nämlich abgeschleppte Fahrzeuge ohne Rücksicht auf den Grund, warum sie abgeschleppt wurden, nicht der Zulassungspflicht.

 

Rz. 62

 

Achtung: Abschleppen über längere Strecke

Wer ein betriebsunfähiges Fahrzeug ohne Not über eine längere Strecke abschleppt, führt das Schleppen eines Zuges i.S.d. § 33 StVZO durch und benötigt deshalb einen Führerschein der Klasse BE, C1E oder DE.

 

Rz. 63

Der Lenker eines abgeschleppten Fahrzeugs braucht dagegen keine Fahrerlaubnis, und zwar deshalb nicht, weil ein ohne eigene Motorkraft geschlepptes Fahrzeug nicht als (führerscheinpflichtiges) Kraftfahrzeug anzusehen ist (BGHZ 90, 57).[17]

[17] Zur rechtlichen Einordnung von Abschleppvorgängen siehe auch Haus/Zwerger/Haus, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, § 43 Rn 1 ff.; Reich, DAR 1996, 421.

dd) Im Ausland erworbene Fahrerlaubnis

 

Rz. 64

So wie früher bereits die damals maßgebliche Internationale Kraftfahrzeugverordnung (in ihrem § 4 KfzVO) den Inhaber einer im Ausland gültig erworbenen Fahrerlaubnis für berechtigt erklärte, führerscheinpflichtige Fahrzeuge in Deutschland auch dann zu führen, wenn er deutscher Staatsbürger war, so führt dies jetzt die Fahrerlaubnisverordnung in ihrem § 28 Abs. 1 fort.

Eine von einem EU-Staat ausgestellte Fahrerlaubnis verliert ihre Gültigkeit auch nicht etwa dadurch, dass der Führerscheininhaber in Deutschland Wohnsitz nimmt, was aber bei den im sonstigen Ausland erworbenen Fahrerlaubnissen der Fall ist, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Begründung eines inländischen Wohnsitzes umgeschrieben werden (vgl. im Einzelnen § 64 Rdn 10).

Eine in einem EU-Staat nach Ablauf einer in Deutschland verhängten Sperre erworbene Fahrerlaubnis ist auch dann gültig, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis nicht gegeben waren (EuGH zfs 2004, 287; EuGH zfs 2008, 473; EuGH zfs 2012, 351; EuGH zfs 2012, 453; OLG Karlsruhe zfs 2004, 531; OVG Mannheim NZV 2008, 168; zu Einzelheiten siehe § 64 Rdn 14 ff. zur im Ausland erworbenen Fahrerlaubnis).

 

Rz. 65

 

Achtung: Nachweispflicht

Beruft sich der Angeklagte auf eine ausländische Fahrerlaubnis, kann er nicht bereits dann bestraft werden, wenn er bis zum Ende der Hauptverhandlung nicht eine gültige Fahrerlaubnis nachgewiesen hat. Es ist vielmehr Sache des Gerichts, ihm nachzuweisen, dass er eine gültige Fahrerlaubnis nicht besaß (BGH NJW 2001, 3347).

ee) Fahrverbot

 

Rz. 66

Derjenige, der während eines laufenden Fahrverbots fährt, macht sich zwar wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG strafbar, versicherungsrechtliche Konsequenzen hat jedoch nur der zu erwarten, der nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. Das Fahrverbot berührt hingegen die Gültigkeit der Fahrerlaubnis nicht (BGH zfs 1987, 147).

ff) Nicht mitgeführter Führerschein

 

Rz. 67

Auch wer das Führerscheindokument nicht mit sich führt, hat die Fahrerlaubnis (BGH NJW 1964, 1566).

 

Rz. 68

 

Achtung: Schwarzfahrt

Auch wenn der Versicherungsnehmer vorwerfbar einen Führerscheinlosen mit seinem Fahrzeug hat fahren lassen, hat dies versicherungsrechtlich für ihn dann keine Konsequenzen, wenn der Fahrer eine Schwarzfahrt unternommen hat, d.h. wenn dieser von dem vorher abgesprochenen Weg ganz wesentlich abgewichen war.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge