Rz. 25

Anders als in der KH-Versicherung, in der der Versicherer bis maximal 5.000 EUR leistungsfrei werden kann, kann der Versicherungsnehmer seinen Kaskoversicherungsschutz zur Gänze verlieren, was nicht nur im Falle einer vorsätzlich begangenen Obliegenheitsverletzung wie einer Unfallflucht (LG Krefeld NZV 2014, 40), sondern auch bei besonders groben Verstößen wie einer Alkoholfahrt mit hohem Blutalkoholwert (BGH zfs 2011, 511; OLG Dresden zfs 2018, 276) der Fall sein kann.

In sonstigen Fällen grober Fahrlässigkeit ist eine einzelfallbezogene Quote zu ermitteln.

Da allerdings der Versicherungsnehmer nur für eigenes Verschulden haftet und das Verschulden eines Dritten ihm, solange dieser nicht ausnahmsweise sein Repräsentant war, nicht zugerechnet werden kann (siehe Rdn 13), ist ihm gegenüber der Kaskoversicherer auch dann voll leistungspflichtig, wenn der Dritte als berechtigter Fahrzeugführer eine Obliegenheit verletzt hat. Da die gegen den Dritten bestehenden Ansprüche des Versicherungsnehmers gem. § 86 Abs. 2 VVG auf den Versicherer übergehen, kann dieser grundsätzlich beim Dritten Regress nehmen. Dabei sind allerdings bestimmte gesetzliche Beschränkungen zu beachten (siehe Rdn 29 ff.).

 

Rz. 26

 

Achtung: Selbstbehalt

Noch nicht abschließend geklärt ist, wie ein bestehender vertraglicher Selbstbehalt bei der Bildung der Quote zu berücksichtigen ist, d.h. wie die Quote ausgehend von dem um den Selbstbehalt gekürzten Schadensbetrag zu bilden ist oder die Selbstbeteiligung erst nach Bildung der Quote abgezogen wird.

Nach meiner Auffassung ist nach der dem Versicherungsnehmer günstigeren ersten Alternative vorzugehen, zumal nach den AKB beide Auslegungen möglich sind und Unklarheiten nach dem Maßstab des § 305c BGB zu Lasten des Versicherers gehen.

 

Rz. 27

In der Kaskoversicherung berechtigen nicht nur Verletzungen von Obliegenheiten, sondern darüber hinaus auch jede grobe fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 81 VVG) den Versicherer, zumindest teilweise die Leistung zu verweigern.

Zwar führt die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls nicht mehr wie vor der VVG-Reform zur vollen Leistungsfreiheit des Versicherers; der Anspruch des Versicherungsnehmers ist jetzt je nach der Schwere des Verschuldens zu quoteln.

 

Achtung: Hier keine Kausalitäts- oder Verschuldensvermutung

Zu beachten ist, dass - anders als bei Obliegenheitsverletzungen - grobe Fahrlässigkeit und Kausalität nicht vermutet werden; sie stehen also zur vollen Beweislast des Versicherers.

Dieser Beweis ist nicht alleine mit dem Nachweis eines objektiven Verstoßes geführt, grobe Fahrlässigkeit setzt vielmehr auch den Beweis der subjektiven Vorwerfbarkeit i.S. eines unentschuldigten Fehlverhaltens voraus.[12]

 

Rz. 28

 

Achtung: Zurechnung des Verschuldens Dritter

In der Praxis wird häufig übersehen, dass nur das Verschulden des Versicherungsnehmers selbst zur Leistungsverweigerung berechtigt und ihm das Verschulden eines Dritten nur zugerechnet werden kann, wenn dieser sein Repräsentant ist, denn § 278 BGB gilt für versicherungsrechtliche Obliegenheiten nicht (BGH r+s 2003, 367).

Ihm kann auch nicht das Verschulden eines Miteigentümers zugerechnet werden, denn bei Miteigentum liegt die Leistungsfreiheit nur in Bezug auf den Miteigentumsanteil desjenigen vor, der den Tatbestand erfüllt hat (OLG Karlsruhe zfs 2013, 214).

Die Rechtsprechung fasst den Begriff des Repräsentanten indessen sehr eng (BGH zfs 1993, 306; VersR 1996, 1229).[13]

Repräsentant kann danach nur sein, wem die Risiko- oder die Vertragsverwaltung überlassen wurde, eine kurzfristige, vorübergehende Besitzüberlassung reicht selbst im Wiederholungsfall nicht aus. Zugerechnet werden kann außerdem nur ein solches Verhalten des Dritten, das zum eigentlichen Verantwortungsbereich des Versicherungsnehmers gehört, weil nur dann eine Repräsentation, also ein Verhalten anstelle des Versicherungsnehmers vorliegt.[14]

Alleine schon aus diesem Grund hat es der BGH - wie bereits für den Bereich der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung (NJW 1969, 1387 ff.) - auch für die Kaskoversicherung (BGH VersR 1993, 828) abgelehnt, eine von dem Fahrer begangene Obliegenheitsverletzung dem Versicherungsnehmer zuzurechnen, und zwar mit der Begründung, das bloße Fahren stelle noch keine Repräsentation dar.

Deshalb sind Ehegatten, Kinder, Eltern, Lebensgefährten oder die Haus- und Wohngenossen per se ebenso wenig Repräsentanten wie andere vorübergehende Fahrer eines Fahrzeugs, wie z.B. Angestellte, Entleiher etc. (BGH VersR 1982, 465; OLG Frankfurt zfs 2003, 128). Leitende Mitarbeiter wie z.B. ein Betriebsleiter sind dagegen regelmäßig Repräsentanten des Geschäftsherrn (BGH r+s 1997, 294). Allerdings reicht die Tatsache, dass einem Außendienstmitarbeiter ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wurde (OLG Karlsruhe r+s 1995, 442), ebenso wenig aus, wie wenn einem Prokuristen ein Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen wurde (OLG Hamm VersR 1995, 1086).

Auch ein Autohaus, bei dem sich das Fahrzeug des Versi...

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