Rz. 430

Muster 16.5: Entlassungsantrag nach § 2227 BGB

 

Muster 16.5: Entlassungsantrag nach § 2227 BGB

An das

Amtsgericht

– Nachlassgericht –

In dem

Nachlassverfahren des am _________________________ verstorbenen

_________________________, zuletzt wohnhaft _________________________

Az.: _________________________

Namens und in Vollmacht des Miterben _________________________ nach dem am _________________________ verstorbenen _________________________ beantrage ich

Rechtsanwalt _________________________ als Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am _________________________ in München verstorbenen _________________________ aus wichtigem Grund nach § 2227 BGB zu entlassen.

Begründung:

Ausweislich des beigefügten Erbscheines ist mein Mandant Miterbe zu ⅓ nach dem am _________________________ verstorbenen _________________________.

Es wurde Testamentsvollstreckung angeordnet und der Rechtsanwalt _________________________ ausweislich des in Kopie beigefügten Testamentsvollstreckerzeugnisses zum Testamentsvollstrecker ernannt. Dieser hat das Amt angenommen und führt es fort.

Auf die Nachlassakten Az. _________________________ wird Bezug genommen.

Trotz mehrfacher Aufforderung durch anwaltliche Schriftsätze vom 1.4.2023, 21.4.2023 sowie 14.5.2023 hat der Testamentsvollstrecker bis heute kein Nachlassverzeichnis nach § 2215 Abs. 1 BGB erstellt, oder gar einen Zwischenbericht über den Stand der Testamentsvollstreckung den Erben zukommen lassen. Er verweigert vielmehr jegliche Auskünfte über den Nachlass.

Des Weiteren hat er bis heute keine einzige Nachlassverbindlichkeit des Erblassers ausgeglichen, so dass nunmehr mehrere Rechtsstreitigkeiten rechtshängig sind, obwohl die Forderungen der Gläubiger unstreitig sind und offensichtlich genügend Aktiva vorhanden sind.

Der Testamentsvollstrecker hat bis dato keinerlei Tätigkeit entfaltet.

– Die völlige Untätigkeit des Testamentsvollstreckers stellt nach dem BGH (NJW 1962, 912) eine grobe Pflichtverletzung dar und legt den Schluss nahe, dass der Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig ist. –

Somit liegt ein wichtiger Grund zur Entlassung des Testamentsvollstreckers i.S.d. § 2227 BGB vor.

Dem Antrag ist dementsprechend stattzugeben.

Rechtsanwalt

Liegt tatsächlich ein wichtiger Grund i.S.v. § 2227 BGB vor, so ist das Nachlassgericht dennoch nicht verpflichtet, den Testamentsvollstrecker zu entlassen. Aufgrund der Formulierung in § 2227 BGB besteht ein Versagungsermessen, wobei das Gericht im Rahmen seiner pflichtgemäßen Ermessensprüfung abwägen muss, ob nicht überwiegende Gründe für das Verbleiben des Testamentsvollstreckers sprechen oder nicht.[555]

 

Rz. 431

Dabei ist nach der Rspr. der mutmaßliche Wille des Erblassers, ob dieser eine mangelhafte Verwaltung nicht einem völligen Wegfall der Testamentsvollstreckung vorgezogen hätte, als Abwägungskriterium zu berücksichtigen. Ferner sind die Interessen der Antragsteller und der Erben abzuwägen, die an einer Testamentsvollstreckung ggf. festhalten wollen und ob der Erbe den Nachlass selbst ordnungsgemäß verwalten könne.[556] Eine etwaige mangelnde Kooperationsbereitschaft der Erben kann sogar zu deren Lasten berücksichtigt werden.[557]

 

Rz. 432

Diese Rspr. ist nicht überzeugend. Im Rahmen des Entlassungsverfahrens sollte auch auf die Rspr. zu § 2200 BGB verwiesen werden, die § 2200 BGB sehr extensiv auslegt und bereits in der Anordnung einer Testamentsvollstreckung ein Ersuchen i.S.d. § 2200 BGB sieht. Die Rspr. zu § 2227 BGB, die ein weites Versagungsermessen zulässt, ignoriert die eigene Rspr. zu § 2200 BGB. So versagen die Gerichte die Entlassung des Testamentsvollstreckers regelmäßig mit dem Argument, dass der Erblasser eine schlechte Durchführung der Testamentsvollstreckung durch den ernannten Testamentsvollstrecker einem völligen Wegfall der Testamentsvollstreckung vorgezogen hätte. Angesichts der extensiven Auslegung des § 2200 BGB stellt sich aber grundsätzlich diese Frage nicht. Hierauf sollte im Entlassungsverfahren deutlich hingewiesen werden. Vielmehr stellt sich jedoch die richtige Frage: Hätte der Erblasser eine schlechte Durchführung der Testamentsvollstreckung durch den ernannten Testamentsvollstrecker einer Ernennung eines neuen Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht nach Maßgabe des § 2200 BGB vorgezogen? Diese Frage wird aber regelmäßig zu verneinen sein, sodass eigentlich das Versagungsermessen reduziert sein dürfte.

 

Rz. 433

 

Praxishinweis

Der Rechtsanwalt hat den Mandanten darauf hinzuweisen, dass das zunächst erfolgreiche Entlassungsverfahren negative Konsequenzen haben kann, wenn der Testamentsvollstrecker wiederum erfolgreich in die Beschwerde geht.

 

Rz. 434

Gegen den Entlassungsbeschluss kann der Testamentsvollstrecker das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach § 51 FamFG einreichen, wobei die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, bis das Beschwerdegericht die Entlassungsverfügung nach § 49 FamFG aufhebt.

 

Praxishinweis

Per Antrag einer Einstweiligen Anordnung des Testamentsvoll...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge