Rz. 5

Innerhalb des personalen Anwendungsbereiches des § 11 TVöD/TV-L sind dessen Normen aus Arbeitnehmersicht in vielerlei Hinsicht günstiger als die gesetzliche Regelung. Denn nach dem Tarifrecht kann der Anspruch auf Teilzeit nur aus dringenden betrieblichen Gründen ausgeschlossen werden, während § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG bereits einfache betriebliche Gründe ausreichen lässt. Zudem kennt der Tarifvertrag anders als § 8 Abs. 1 u. 2 TzBfG weder eine Wartezeit noch eine Ankündigungsfrist für die Reduzierung der Arbeitszeit, dafür aber die Möglichkeit der Befristung[3] der Reduzierung. Ungünstiger mag § 11 TVöD/TV-L hingegen im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der dienstlichen Gründe sein (vgl. unten Rdn 23 f.).

 

Rz. 6

Infolge der inhaltlichen Nähe zwischen § 11 TVöD/TV-L einerseits und §§ 8, 9 TzBfG andererseits besteht zwischen den Normen ein Konkurrenzverhältnis, dessen Auflösung letztlich durch § 22 TzBfG vorgegeben ist.

 

Rz. 7

Das gesetzliche Teilzeitrecht enthält Mindestvoraussetzungen zum Schutze der Arbeitnehmer und ist darüber hinaus nur in engen Grenzen tarifdispositiv, wie sich § 22 TzBfG entnehmen lässt. §§ 8, 9 TzBfG sind in § 22 Abs. 1 TzBfG nicht genannt, so dass auch ein Tarifvertrag von ihrem Regelungsinhalt nicht zulasten der Arbeitnehmer abweichen darf. Abweichungen zugunsten der Arbeitnehmer sind hingegen ohne Weiteres zulässig, so dass sich die Frage aufdrängt, nach welchem Maßstab die günstigere Regelung zu ermitteln ist. Die frühere Unklarheit in dieser Auflösung des Konkurrenzverhältnisses[4] ist spätestens seit einer Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2014 geklärt: Danach verdrängen die gesetzlichen Vorschriften die Tarifvorschrift des § 11 TVöD/TV-L grundsätzlich nicht,[5] was allerdings nichts daran ändert, dass rein praktisch in aller Regel vorrangig das Gesetz anzuwenden ist.[6]

 

Rz. 8

Somit ergeben sich hinsichtlich der Konkurrenz zwischen §§ 8, 9 TzBfG und § 11 TVöD/TV-L die folgenden Grundsätze:

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse dem TVöD/TV-L unterliegen, können sich stets und ohne Einschränkung auf die gesetzlichen Regelungen zur Teilzeit berufen. Soweit die tariflichen Normen ungünstiger sein sollten, sind sie wegen § 22 TzBfG unbeachtlich.
Daneben stehen diesen Arbeitnehmern auch die Möglichkeiten nach § 11 TVöD/TV-L offen, soweit diese günstiger als das Gesetz sind. Insbesondere bestehen die tariflichen Ansprüche auch bereits während der ersten neun Monate des Arbeitsverhältnisses und unterliegt die Befristung der Teilzeitregelung nicht denselben Vorgaben wie die gesetzliche Brückenteilzeit.
Soweit ein Anspruch sowohl mit dem Gesetz als auch mit dem Tarifvertrag begründet werden kann, hat der Arbeitnehmer die Wahl,[7] weshalb ihm dazu zu raten ist, im Falle unterschiedlicher Voraussetzungen seines Anspruchs im Zweifel vorsorglich beide Anspruchsgrundlagen zu nennen.
[3] Die der Gesetzgeber unter dem Stichwort der Brückenteilzeit und unter wesentlich engeren Bedingungen als im TVöD/TV-L allerdings inzwischen (per 1.1.2019) allgemein eingeführt hat, § 9a TzBfG.
[4] Siehe dazu noch die Vorauflage § 14 Rn 6 ff.
[5] BAG, Urt. v. 18.5.2014 – 9 AZR 915/13 – juris, Rn 118 (zur entsprechenden Regelung in den AVR Caritas).
[6] Worauf Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 11 Rn 11 zu Recht hinweisen.
[7] Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 11 Rn 12.

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