Rz. 15

Das Stiftungszivilrecht und das Stiftungssteuerrecht sind zu kompliziert und zu komplex, als dass der Laie sich alleine zurechtfinden könnte. Das verdeutlicht nicht zuletzt die ausufernde Regelungsdichte nach der letzten Stiftungsrechtsreform (siehe Rdn 17 ff.). Selbst unter Juristen und Steuerberatern findet man nur selten Stiftungsspezialisten, so dass auch von diesen üblicherweise ein Stiftungsfachmann als Zweitberater hinzugezogen wird. (Es verwundert nicht, dass bei dieser Sachlage die Stimmen lauter werden, die auch hier nach Zertifizierung rufen. Jeder mag für sich selbst beurteilen, ob das sinnvoll ist.)

In jedem Fall ist es für einen potenziellen Stifter schon aufgrund der Vielzahl einschlägiger Normen des Zivil- und Steuerrechts unerlässlich, sich intensiv mit seinem Stiftungsprojekt zu beschäftigen und sich vor allem fachlich kompetent beraten zu lassen.

 

Rz. 16

Eine Stiftung ist und bleibt eine spezielle Rechtsfigur für spezielle Fälle. Dabei muss ein Stifter bestimmte persönliche Qualifikationen erfüllen, die sich parallel zu dem Begriff "Börsenreife", der vor allem im Zusammenhang mit Börseneinführungen bekannt ist, als "Stiftungsreife" bezeichnen lassen.[31] Ein Stifter und seine Familie müssen vor allem gewillt sein, zu akzeptieren, dass mit der Stiftung eine eigenständige, von ihrem zukünftigen Willen unabhängige juristische Person ins Leben gerufen wird, der das erforderliche Stiftungsvermögen dauerhaft übertragen wird, so dass man mit diesem Vermögen dann nicht mehr wie mit eigenem Vermögen verfahren darf. Die einmal genehmigte Stiftung genießt mit ihrem jeweiligen spezifischen Stiftungszweck staatlichen Bestandsschutz – und zwar auch gegenüber dem Stifter. Das ist von potenziellen Stiftern und Stiftungsberatern zu beachten.

In der Praxis findet man aber leider immer wieder Äußerungen folgender Art von (prominenten) Stiftern zu "ihren" Stiftungen:

"Was soll das? Kann ich jetzt nicht einmal mehr über mein eigenes Geld verfügen?"

"Da reden die Behörden dann bei meinem Geld mit, das ich der Gemeinnützigkeit gegeben habe."

Solche Äußerungen zeigen, wie wichtig es ist, als Berater mit potenziellen Stiftern über das Thema Stiftungsreife zu sprechen.

[31] Ausf. Schiffer/Bach, Stiftung & Sponsoring, 04/1999, 16 und 05/1999, 21; Schiffer/v. Schubert, DB 2000, 437; dem dort entwickelten Ansatz ausdrücklich folgend Wachter, S. 32; zusammenfassend Schiffer, in: Schiffer, § 14 Rn 50 ff; Schiffer, StiftungsBrief 2017, 111.

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