A. Anteile an Personengesellschaften

I. Grundsätzliches

 

Rz. 1

Das Schicksal von Anteilen an Personengesellschaften beim Tod eines Gesellschafters hängt im Wesentlichen davon ab, ob bzw. welche Regelungen die Gesellschafter untereinander für diesen Fall im Gesellschaftsvertrag vereinbart haben. Je nach Art der dort vorgesehenen Nachfolgeregelung ergeben sich beim Ausscheiden eines von ihnen durch Tod völlig unterschiedliche Resultate. Während in einigen Konstellationen der Gesellschaftsanteil als solcher auf einen oder mehrere Nachfolger übergeht (und zwar durch Erbanfall, also erbrechtlich), geht er in anderen Fällen vollständig unter, so dass bestenfalls ein an seine Stelle tretender Abfindungsanspruch Nachlassbestandteil wird. In beiden Varianten stellt sich natürlich die Frage nach dem Wert des jeweiligen Nachlassgegenstandes.

II. Verlust der Gesellschafterstellung für den Rechtsnachfolger

1. Ausgangspunkt: Gesetzliche Vorgaben

 

Rz. 2

Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sieht § 727 Abs. 1 BGB vor, dass diese durch den Tod eines Gesellschafters als aufgelöst gilt, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt.

Allerdings führt die gesetzliche Auflösungsfiktion nicht etwa dazu, dass die Gesellschaft automatisch verschwände. Vielmehr bewirkt die Auflösung zunächst, dass sich die Gesellschaft von einer werbenden in eine Abwicklungsgesellschaft verwandelt.[1] An dieser sind neben den überlebenden Gesellschaftern auch die Erben des verstorbenen Gesellschafters (ggf. als Erbengemeinschaft) beteiligt.[2] Da keine Sonderregelungen bezüglich der Haftung für Gesellschaftsschulden (wie § 27 HGB) bestehen, kann hier ausnahmsweise auch die Erbengemeinschaft die Gesellschafterrolle einnehmen. Die Erben haben innerhalb der Liquidationsgesellschaft dieselben Rechte, die auch dem Erblasser zugestanden hätten.[3]

 

Rz. 3

Bei Personenhandelsgesellschaften unterscheidet das Gesetz grundsätzlich zwei Kategorien von Gesellschaftern, deren Tod zu völlig unterschiedlichen Rechtsfolgen führt, nämlich persönlich haftende Gesellschafter auf der einen Seite und Kommanditisten auf der anderen.

Für den Fall des Todes eines persönlich haftenden Gesellschafters regelt das HGB (seit dem Handelsrechtsreformgesetz 1998)[4] Folgendes: Der Tod eines Gesellschafters hat nach § 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge. Vielmehr scheidet der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes aus der Gesellschaft aus, die dann unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird. Die gesetzliche Regelung ist aber ausdrücklich dispositiv, so dass der Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen vorsehen kann.[5]

§ 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB gilt unmittelbar für die offene Handelsgesellschaft (OHG). Sein Regelungsgehalt ist aber auch für den Fall des Todes eines Komplementärs einer Kommanditgesellschaft maßgeblich (§§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 2 Nr. 1 HGB).

Im Fall des Todes eines Kommanditisten gilt demgegenüber § 177 HGB, demzufolge die Gesellschaft mit den Erben oder Vermächtnisnehmern des Verstorbenen fortgesetzt wird. Sie rücken (die Erben sogar automatisch mit dem Erbfall) in die Kommanditistenstellung nach, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts Abweichendes regelt.[6] Vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen ist der Kommanditanteil also von Gesetzes wegen vererblich.

[1] Wird bei einer zweigliedrigen Gesellschaft der verstorbene Gesellschafter von seinem Mitgesellschafter (alleine) beerbt, ist die Gesellschaft nicht nur aufgelöst, sondern auch automatisch beendet, vgl. BGH v. 10.12.1990 – II ZR 256/89, NJW 1991, 844.
[2] BGH v. 20.5.1981 – V ZB 25/79, NJW 1982, 170, 171; OLG München v. 7.9.2010 – 34 Wx 100/10, NJW-RR 2010, 1667 (bzgl. Grundbucheintragung der Erben); MüKo-BGB/Schäfer, § 727 Rn 14 m.w.N.; Staudinger/Kunz (2016), § 727 Rn 188; dies gilt sowohl in vermögensrechtlicher Hinsicht als auch bzgl. der Verwaltungsrechte, vgl. BGH v. 4.4.1951 – II ZR 10/50, BGHZ 1, 324, 327 = NJW 1951, 650, 651; BGH v. 20.5.1981 – V ZB 25/79, NJW 1982, 170, 171; OLG Brandenburg v. 2.4.2008 – 3 U 103/07, NZG 2008, 506.
[3] MünchHdB GesR I/Klein/Lindemeier, § 11 Rn 6; sie können daher auch als Gesellschafter (der Abwicklungsgesellschaft) ins Grundbuch eingetragen werden; vgl. OLG München v. 7.9.2010 – 34 Wx 100/10, RNotZ 2011, 48.
[4] Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (HRefG) vom 22.6.1998, BGBl I S. 1474, in Kraft getreten am 1.7.1998.
[5] K. Schmidt, NJW 1998, 2161, 2166.
[6] MünchHdB GesR II/Klein/Lindemeier, § 40 Rn 44.

2. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

a) Zulässigkeit vertraglicher Regelungen

 

Rz. 4

Wie bereits erwähnt (siehe Rdn 3), sind die gesetzlichen Regelungen dispositiv, so dass den Gesellschaftern die Möglichkeit eröffnet ist, eigene, von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Rechtsfolgen zu vereinbaren. In der Praxis sind vor allem die nachfolgend genannten Gesellschaftsvertragsklauseln verbreitet, die sich bereits gesellschaftsrechtlich deutlich voneinander unterscheiden und die auch hinsichtlich der sich ergebenden erb- und pflichtteilsrechtlichen Konsequenzen stark divergierende Eigenschaften aufweisen. Gerade diesem zuletzt genannten Gesi...

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