Rz. 3

Von der grundsätzlichen Entschädigungspflicht nach § 2 StrEG sieht das Gesetz drei Ausnahmen vor:

Entschädigung nur nach Billigkeit gem. §§ 3, 4 StrEG,
Ausschluss der Entschädigung gem. § 5 StrEG und
Versagung der Entschädigung gem. § 6 StrEG.
 

Rz. 4

Während nach § 2 StrEG in den Konstellationen des Freispruchs, der Verfahrenseinstellung und der Nichteröffnung des Hauptverfahrens grundsätzlich eine Entschädigung zu gewähren ist – und zwar unabhängig davon, ob die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ursprünglich gerechtfertigt war[3] –, bedeutet die Entschädigung nach Billigkeit eine Ermessensentscheidung. Die Sonderregelung des § 3 StrEG beinhaltet insoweit eine Einschränkung der grundsätzlichen Entschädigungspflicht in dem Fall einer Verfahrenseinstellung nach einer solchen Norm, welche der Staatsanwaltschaft und den Gerichten ein entsprechendes Ermessen eröffnet (z.B. §§ 153 ff. StPO). In diesen Fällen, insbesondere bei einer Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 2 StPO, kommt die Gewährung einer Entschädigung nur in Ausnahmefällen in Betracht.[4] § 4 StrEG eröffnet dagegen die Möglichkeit einer Entschädigung über § 2 StrEG hinaus. Hiernach ist eine Entschädigung trotz Schuldspruchs zu gewähren, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Praxis macht allerdings von dieser Möglichkeit nur höchst ausnahmsweise Gebrauch.[5]

 

Rz. 5

Von besonderer praktischer Bedeutung ist der Ausschluss der Entschädigung bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung der Maßnahmen i.S.v. § 5 Abs. 2 S. 1 StrEG.

 

Rz. 6

Für den Bereich des Straßenverkehrsrechtes, speziell bei der Teilnahme am Straßenverkehr trotz Alkoholgenusses, geht die Rechtsprechung davon aus, dass bei einer festgestellten BAK über dem Grenzwert des § 24a Abs. 1 StVG, also von mindestens 0,5 ‰, ein Ausschluss der Entschädigung aufgrund grober Fahrlässigkeit zu bejahen ist.[6] Eine grob fahrlässige Verursachung der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis liegt auch bei einem Nachtrunk vor.[7] Wer trotz eines von ihm verursachten, nicht unerheblichen Unfallschadens die Unfallstelle verlässt, handelt ebenfalls grob fahrlässig i.S.v. § 5 Abs. 2 StrEG und erhält deshalb selbst dann keine Entschädigung, wenn die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben wird.[8] Hingegen fehlt es an einer groben Fahrlässigkeit, wenn der beschuldigte Kraftfahrer die in seinem Blut nachgewiesenen Drogen unbewusst konsumiert hatte.[9]

 

Rz. 7

Wird der Führerschein länger sichergestellt, einbehalten oder vorläufig entzogen als dies dem Ergebnis der Tatermittlung entspricht, ist ab demjenigen Zeitpunkt dem Beschuldigten Entschädigung zu gewähren, ab dem die Führerscheinmaßnahme hätte aufgehoben werden können und müssen. Dies ergibt sich aus der Formulierung des § 5 StrEG, die beinhaltet, dass Entschädigung nicht zu gewähren ist, "wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat".

 

Rz. 8

Dies gilt indes gem. § 5 Abs. 1 Nr. 3, 2. Alt. StrEG dann nicht, wenn eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nur deshalb aufgehoben wird, weil die Höchstfrist für das im Urteil letztlich verhängte Fahrverbot (§ 44 StGB) abgelaufen ist.[10]

 

Rz. 9

Schließlich ist die Entschädigung gem. § 6 StrEG zu versagen, wenn die Führerscheinmaßnahme überwiegend von dem Beschuldigten verursacht worden ist. Dies ist z.B. nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 StrEG dann der Fall, wenn sich der Beschuldigte im Strafverfahren zwar einlässt, hierbei aber wesentliche Gesichtspunkte zu seiner Entlastung verschweigt, welche dann später zum Freispruch führen.[11] Gleiches gilt, wenn er nur aufgrund von Schuldunfähigkeit nicht verurteilt werden kann.[12]

[3] KG, Beschl. v. 13.10.2015 – 3 Ws 524/15, juris.
[4] OLG Braunschweig NStZ-RR 2013, 95; dazu Krenberger, in: jurisPR-VerkR 18/2013 Anm. 6; zur Thematik auch Krenberger, zfs 2013, 113.
[5] Ablehnend z.B. OLG Düsseldorf NZV 2001, 475; StraFo 2001, 434.
[6] LG Aachen Blutalkohol 49 (2012), 112 = SVR 2012, 272 m. Anm. Sandherr; dazu Krenberger, in: jurisPR-VerkR 18/2012 Anm. 5; LG Hildesheim NZV 2010, 48; LG Oldenburg Blutalkohol 52 (2015), 222; Meyer-Goßner/Schmitt, § 5 StrEG Rn 12.
[7] LG Hildesheim NZV 2010, 48.
[8] LG Aurich zfs 2013, 112 m. Anm. Krenberger.
[9] KG, Beschl. v. 13.10.2015 – 3 Ws 524/15, juris.
[10] Beispielsfall: OLG Düsseldorf NZV 2001, 177.
[11] Beispielsfall: BayVGH BayVBl. 2008, 693.
[12] KG, Beschl. v. 13.10.2015 – 3 Ws 524/15, juris.

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