Rz. 100

In der Praxis stellt sich die Frage, wie bei der Zustellung von Schriftstücken gem. § 175 Abs. 4 ZPO das Empfangsbekenntnis formgerecht abgegeben wird. Denn § 175 Abs. 4 ZPO regelt, dass das Empfangsbekenntnis schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a ZPO) an das Gericht gesandt werden muss

 

Rz. 101

 

Beispiel

Ein Urteil wird nebst EB-Anforderung durch das Gericht als Schriftstück an Rechtsanwalt K gem. § 175 ZPO per Post übermittelt. Der Eingang erfolgt per Post bei Rechtsanwalt K am 14.2.2022. Rechtsanwalt K befindet sich auf Geschäftsreise. Er kommt am Mittwoch, den 16.2.2022, in die Kanzlei zurück, nimmt das Schriftstück zur Kenntnis und trägt auf dem Papier-EB das Datum vom 16.2.2022 ein, unterschreibt und faxt das EB an das Gericht.

 

Rz. 102

Frage:

Ist die Rücksendung wegen § 175 Abs. 4 ZPO per Fax zulässig oder greift hier § 130d S. 1 ZPO, die zwingende elektronische Einreichung bei einer Erklärung gegenüber einem Gericht?

 

Rz. 103

Antwort:

§ 175 Abs. 4 ZPO stellt nach Auffassung der Verfasser eine Sondervorschrift zu § 130d ZPO dar, sodass der Anwalt die Wahl hat, wie er ein solches Empfangsbekenntnis zurücksendet. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass dies Gerichte anders sehen. Denn § 175 ZPO regelt ja auch die Zustellung von Schriftstücken z.B. von Anwalt zu Anwalt und hier greift § 130d ZPO grundsätzlich nicht, sodass die Wahl möglicherweise auch nur bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt gem. § 195 Abs. 1 S. 5 ZPO gilt. Bei einer Zustellung von Anwalt zu Anwalt besteht u.E. kein Zweifel daran, dass das EB wahlweise per Briefpost, per Fax oder als elektronisches Dokument zurückgesendet werden kann. Die Antwort auf die Frage, ob diese Wahl aber auch bei Abgabe des Empfangsbekenntnisses gegenüber Gerichten gem. § 130d ZPO außen vor bleibt, lässt sich nach unserer Auffassung nicht zweifelsfrei geben. Bevor es nun – sei es auch, dass ein Gericht versucht, einen unliebsamen Posteingang "leicht vom Tisch zu bekommen" – zu einem Fristenproblem kommt, würden wir empfehlen, dass die Rücksendung solcher per Post oder Fax erhaltener "Papier-EBs" elektronisch erfolgt, um Rechtssicherheit beim Zustelldatum zu erhalten. Die Rücksendung sollte dann gem. § 130a ZPO erfolgen.

Zustellungsdatum daher hier: 16.2.2022.

 

Rz. 104

Nach § 130a Abs. 3 i.V.m. § 175 Abs. 4 ZPO bieten sich zwei Möglichkeiten an:

1. Das mit Datum und Unterschrift (leserlich = einfache elektronische Signatur) versehene Empfangsbekenntnis wird eingescannt, im beA hochgeladen und es erfolgt der Eigenversand durch den namensgleichen im beA mit eigenem Zugangsmittel angemeldeten Postfachinhaber (§ 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO) oder
2. das EB wird mit Datum versehen, eingescannt, im beA hochgeladen und als elektronisches Dokument qualifiziert elektronisch vom sachbearbeitenden Anwalt signiert und durch ihn oder einen Mitarbeiter versendet, § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 ZPO.

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