Rz. 239

Sind die Erben unbekannt, so ist es für den Vermächtnisnehmer problematisch, seinen Anspruch geltend machen zu können. In Betracht kommt in solchen Fällen die Beantragung einer Nachlasspflegschaft (§ 1960 Abs. 2 BGB) oder eine Klagepflegschaft nach § 1961 BGB. Mit dieser Möglichkeit kann die Lücke aus § 1958 BGB, wonach die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs gegen einen Erben vor Annahme der Erbschaft unzulässig ist, geschlossen werden.

 

Rz. 240

 

Beispiel

Sie vertreten als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin einen Vermächtnisnehmer (Geldvermächtnis). Nach Anordnung der Klagepflegschaft erwirken Sie für den Vermächtnisnehmer einen endgültig vollstreckbaren Titel. Ihnen kommt zu Ohren, der Erblasser sei Eigentümer einer Eigentumswohnung gewesen. Zu deren Lasten wollen Sie eine Zwangshypothek eintragen lassen.

Wie kommen Sie an die notwendigen Informationen und Unterlagen?

Lösung

Grundbuchauskunft: Nach § 12 GBO können Sie Einsicht in das Grundbuch nehmen, weil Sie als Vertreter des Gläubigers (§ 10 FamFG) ein berechtigtes Interesse darlegen können. Sollten Sie die konkrete grundbuchmäßige Bezeichnung der Eigentumswohnung nicht kennen, so ist es Ihnen gestattet, in das entsprechende Eigentümer- bzw. Grundstücksregister des Grundbuchamts Einsicht zu nehmen (§ 12a GBO). Nach § 12 Abs. 2 GBO können Sie sogar eine Abschrift des betreffenden Grundbuch-Blattes bekommen (vgl. Muster in § 11 Rdn 69 ff.).

Der Nachlasspfleger ist Vertreter der unbekannten Erben. Ein Sicherungsbedürfnis – wie dies bei § 1960 BGB vorgesehen ist – braucht nicht vorzuliegen, es reicht ein Rechtsschutzinteresse des Gläubigers.[194]

Eine Voreintragung – der hier unbekannten Erben – nach § 39 GBO ist nicht erforderlich, vgl. § 40 Abs. 1 Hs. 2 GBO.

Nunmehr können Sie die Eintragung der Zwangshypothek beantragen.

[194] BayObLGZ 60, 405; KG OLGZ 81, 151.

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