Rz. 139

Als entziehbarer Cash Flow gelten dabei all jene finanziellen Überschüsse, die allen Kapitalgebern des Unternehmens zur Verfügung stehen.[239] Diese sind wie beim Ertragswertverfahren zukunftsbezogen, also Gegenstand von Prognosen.[240]

 

Rz. 140

Free Cash Flow ist als finanzieller Überschuss der Unternehmenstätigkeit nach (unternehmensbezogenen) Steuern, jedoch vor Zinsen zu definieren.[241] Er wird als reine Nominalgröße geplant. Thesaurierte Cash Flows werden durch die Veränderung entsprechender Bilanzposten berücksichtigt.[242] Aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss kann der Cash Flow mit Hilfe einer Überleitungsrechnung (also indirekt) wie folgt bestimmt werden:[243]

 
  Handelsrechtlicher Jahresüberschuss
+ Fremdkapitalzinsen
./. Unternehmenssteuerersparnis infolge der Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen (Tax Shield)
+ Abschreibungen und andere nicht zahlungswirksame Aufwendungen
./. nicht zahlungswirksame Erträge
./. Investitionsauszahlungen abzüglich Einzahlungen aus Desinvestitionen
+ Verminderungen des Netto-Umlaufvermögens
./. Erhöhungen des Netto-Umlaufvermögens
= Free Cash Flow
 

Rz. 141

Demzufolge ist der Free Cash Flow der Nettozufluss finanzieller Mittel aus der operativen Geschäftstätigkeit des Unternehmens; er umfasst keine finanzierungsbezogenen Zahlungen wie z.B. Zinsen und Dividenden oder Zahlungszu- bzw. -abflüsse aus Kapitalerhöhungen oder Kapitalherabsetzungen.[244] Die Hinzurechnung der Fremdkapitalzinsen betrifft sowohl Zinsen aufgrund einer expliziten Vereinbarung als auch sog. implizite Zinsen, z.B. bei Pensionsverpflichtungen, soweit diese als Bestandteil des Fremdkapitals zu berücksichtigen sind und die damit verbundenen Fremdkapitalkosten im Rahmen der gewogenen Kapitalkosten erfasst werden.[245]

 

Rz. 142

Vom Unternehmen gezahlte unternehmensbezogene Steuern sind bei der Ermittlung des Free Cash Flow abzuziehen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass Aufwendungen für Fremdkapitalzinsen sich grundsätzlich steuermindernd auswirken. Da der Free Cash Flow unter der Annahme ermittelt wird, dass keine gewinnmindernden Fremdkapitalzinsen zu zahlen seien, ist die durch den Abzug der Fremdkapitalzinsen bewirkte Steuerersparnis zu korrigieren.[246]

[239] IDW S 1, Tz 127, FN-IDW 2008, 271, 287; vgl. auch Copeland/Koller/Murrin, Unternehmenswert, S. 157; Rappaport, Shareholder Value, S. 54; Bühner, DBW 1993, 749, 751.
[240] Drukarczyk/Schüler, Unternehmensbewertung, S. 109; Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 368.
[241] IDW S 1, Tz 127, FN-IDW 2008, 271, 287.
[242] IDW S 1, Tz 127, FN-IDW 2008, 271, 287.
[243] Ballwieser, WPg 1998, 81, 86; Copeland/Koller/Murrin, Unternehmenswert, S. 160; Meyersiek, Unternehmenswert und Branchendynamik, BfuP 1991, 233, 235. Der Cash Flow kann auch direkt (aus der GuV heraus) ermittelt werden, vgl. Rappaport, Shareholder Value, S. 55–58: Cash Flow = Einzahlungen ./. Auszahlungen = [(Umsatz des Vorjahres) × (1 + Wachstumsrate des Umsatzes) × betriebliche Gewinnmarge) × (1 – Cash-Gewinnsteuersatz)] – Zusatzinvestitionen in Anlage- und Umlaufvermögen; die direkte Ermittlung ist in der Praxis kaum anzutreffen; vgl. auch Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schulz, in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, S. 369.
[244] J. G. Schmidt, ZfbF 1995, 1088, 1092.
[245] IDW S 1, Tz 128, FN-IDW 2008, 271, 287.
[246] IDW S 1, Tz 128, FN-IDW 2008, 271, 287.

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