Rz. 296

Zu differenzieren ist für die Frage, ob eine Abtretung oder Pfändung möglich ist, nach den einzelnen Ansprüchen, die aus dem Versicherungsverhältnis resultieren können bzw. auch danach, ob sich der Vertrag in der Anwartschaftsphase oder in der Auszahlungsphase befindet. Grundsätzlich ist es lediglich möglich solche Ansprüche abzutreten, die auch der Pfändung unterliegen (§ 400 BGB).[642]

 

Rz. 297

Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit geleistet werden, sind der Pfändung nicht unterworfen, weil sie der Sicherung der Existenz des Schuldners dienen sollen. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Schuldner seine Existenzgrundlage verliert. § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird auch auf private Renten aus einer BUV/BUZ angewandt.[643] Unpfändbar sind demnach grundsätzlich Ansprüche aus einer BUV/BUZ, unabhängig davon, ob bereits Leistungen bezogen werden.[644] Auch der Anspruch auf Beitragsbefreiung aus der BUV kann gemäß § 399 BGB nicht abgetreten werden.[645]

 

Rz. 298

Ausnahmsweise sind gemäß § 850b Abs. 2 ZPO Renten i.S.d. § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften aus Billigkeitsgründen pfändbar, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu keiner vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt, wobei der Gläubiger die Billigkeit darlegen muss.[646] Zuständig für die Entscheidung ist auf Antrag des Gläubigers das Vollstreckungsgericht (§§ 764, 802 ZPO).

 

Rz. 299

Im Falle der Insolvenz des Versicherungsnehmers bzw. sonstigen Berechtigten gilt jedoch, dass die Berufsunfähigkeitsrente in dessen Insolvenzmasse fällt, weil von einer unzureichenden Befriedigungsmöglichkeit der Gläubigergesamtheit ohne Weiteres auszugehen ist. Der Insolvenzverwalter kann gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Kündigungsrecht nach § 165 Abs. 1 VVG ausüben und den Rückkaufswert zur Masse ziehen. Ansprüche aus einer privaten BUV fallen gemäß § 35 Abs. 1 InsO in die Insolvenzmasse, auch wenn § 850b ZPO nicht ausdrücklich in § 36 Abs. 1 S. 2 InsO erwähnt wird.[647] Die Entscheidung, bedingt pfändbare Bezüge des Schuldners für pfändbar zu erklären, obliegt dem Insolvenzgericht, das auf Antrag des Insolvenzverwalters entscheidet. Kommt es auf die Frage der Pfändbarkeit bzw. Massezugehörigkeit in einem Zivilverfahren an, entscheidet das Prozessgericht inzident.[648]

 

Rz. 300

Die Abtretung der Forderungen aus der Lebensversicherung muss dem Versicherer angezeigt werden, sonst ist sie absolut unwirksam.[649] Eine abgetretene Lebensversicherung mit BUZ kann durch den Sicherungsnehmer gekündigt werden, auch, wenn dann bedingungsgemäß der Versicherungsschutz der BUZ erlischt.[650]

 

Rz. 301

Hat der Versicherungsnehmer ein widerrufliches Bezugsrecht eingeräumt, so bleibt er gleichwohl berechtigt, die Rechte aus einer Lebensversicherung mit BUZ zur Sicherheit abzutreten. Es ist dann davon auszugehen, dass das Bezugsrecht gleichsam belastet mit der Sicherungsabtretung weiterbesteht.[651]

 

Rz. 302

Wird ein Recht aus einer Lebensversicherung bzw. BUV/BUZ gepfändet, so kann der Gläubiger den Widerruf einer Bezugsberechtigung nur dann erklären, wenn er sich dieses Recht ausdrücklich mit hat pfänden und überweisen lassen. Erklärt der Bezugsberechtigte zuvor seinen Eintritt (vgl. § 170 VVG), kann er einen Widerruf nicht mehr wirksam erklären.[652]

[642] Vgl. LG Köln ZInsO 2013, 1428.
[643] BGH VersR 2010, 237; BGH VersR 2010, 375; a.A. OLG Hamm ZInsO 2006, 878; OLG Jena VersR 2000, 1005.
[644] BGH VersR 2010, 237; BGH VersR 2010, 375; LG Köln ZInsO 2013, 1428.
[645] OLG Köln VersR 1998, 222.
[647] BGH VersR 2010, 953; BGH r+s 2012, 37; LG Köln ZInsO 2013, 1428; a.A. noch OLG Hamm ZInsO 2006, 878; LG Köln NZI 2004, 36.
[648] BGH VersR 2010, 953; BGH r+s 2012, 37.
[649] BGH VersR 1991, 89; BGH VersR 1992, 561.
[650] BGH VersR 2010, 237; BGH VersR 2010, 375, a.A. noch OLG Saarbrücken VersR 1995, 1227: Teilunwirksamkeit der Abtretung bzgl. BUZ.
[651] BGH VersR 2012, 344; BGH VersR 1993, 553; a.A. OLG Koblenz r+s 2008, 299: konkludente Ausübung des Widerrufs.
[652] BGH VersR 2012, 425.

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