Rz. 196

In der Regel ist in der BUV die Vergleichbarkeit der reinen Differenz des im Beruf erzielten Einkommens nicht Vertragsinhalt, sondern die Gleichwertigkeit der Lebensstellung. Die Verweisungstätigkeit soll insgesamt der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entsprechen, damit in Bezug auf die Wertschätzung und die Vergütung ein spürbares Absinken unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufes, also ein individueller und sozialer Abstieg, verhindert wird.[419]

 

Rz. 197

Die Musterbedingungen zur BUV/BUZ 16 stellen in § 2 Abs. 1 bezüglich der konkreten wie auch der abstrakten Verweisungsmöglichkeit auf eine Tätigkeit entsprechend der "bisherigen Lebensstellung" ab. Demgemäß muss der Versicherer konkret zur Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalls vortragen, also zu den Anforderungen an den Versicherungsnehmer und dessen Fähigkeiten, den Entwicklungsmöglichkeiten und der Vergütung sowie der Wertschätzung des Berufs in der Gesellschaft. Dasselbe muss für den Verweisungsberuf vorgetragen werden.[420]

 

Rz. 198

Hat die versicherte Person kurz vor Eintritt der Berufsunfähigkeit einen Berufswechsel vollzogen, ist mitunter zweifelhaft, ob für die Lebensstellung schon auf die bei Eintritt der Berufsunfähigkeit neu ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden kann. Man wird einen Zeitraum von ca. einem halben Jahr bis zu einem Jahr je nach den Umständen des Falles grundsätzlich ausreichen lassen müssen, um eine Prägung des sozialen Standards eines Versicherten zu bejahen; entscheiden sind jedoch stets die Umstände des Einzelfalls.

 

Rz. 199

Selbst wenn ein leidensbedingter Berufswechsel stattfand, jedoch bereits mehrere Jahre zurückliegt, kann eine die Bedeutung der früheren Tätigkeit verdrängende Verstetigung der neuen beruflichen Tätigkeit stattfinden, obgleich der Wechsel zunächst durch gesundheitliche Einschränkungen ausgelöst worden ist.[421]

 

Rz. 200

Wurde in der Vergangenheit langjährig eine geringfügige Beschäftigung auf 450 EUR-Basis ausgeübt, muss diese nicht auf eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeweitet werden, da sodann höhere Abzüge in Kauf genommen werden müssten, die eine Ausweitung der Arbeitszeit nicht lohnenswert und damit unzumutbar machen.[422]

[419] BGH VersR 2017, 147; BGH Beschl. v. 23.11.2016 – IV ZR 502/15; BGH VerR 2010, 1023; BGH VersR 1986, 1113.
[420] BGH VersR 2010, 1023.
[421] OLG Saarbrücken VersR 2014, 1194: Wechsel der Tätigkeit als Kellnerin zur Bürohilfskraft.
[422] OLG Nürnberg VersR 2015, 833.

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