Rz. 64

Bei der Vorfinanzierung gewährt nicht die Arbeitsverwaltung den Vorschuss aus eigenen Mitteln, sondern der Verwalter handelt mit seiner Hausbank, einer anderen Bank oder einem Betriebserwerber einen Kredit in Höhe der künftigen Insolvenzgeldansprüche aus. Daraus bezahlt er die Nettolöhne im Insolvenzgeldzeitraum. Im Gegenzug treten die betroffenen Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Insolvenzgeld unwiderruflich an den Finanzierenden ab. Die Abtretbarkeit und Pfändbarkeit war bereits nach § 141k Abs. 2a AFG bekannt. Durch § 170 Abs. 4 SGB III wurde sie durch folgende Voraussetzungen beschränkt:

die Zustimmung durch die Agenturen für Arbeit (Ausschlussgrund!), die unbedingt vor der Verfügung der Arbeitnehmer über ihre Forderungen auf Arbeitsentgelt erteilt worden sein muss, anderenfalls sind diese unwirksam; eine positive Fortführungsprognose. Hier gibt in aller Regel der vorläufige Insolvenzverwalter eine schriftliche Stellungnahme ab;
den voraussichtlichen Erhalt eines erheblichen Anteils der Arbeitsplätze. Als erheblich wird in der Regel der Verbleib von Arbeitsplätzen im Mindestumfang einer Personalmaßnahme nach § 112a Abs. 1 BetrVG betrachtet.[66]

Das Nähere regeln die Fachlichen Weisungen für Insolvenzgeld.[67]

 

Rz. 65

Je nach Insolvenzverwalter und Dienststelle der Arbeitsverwaltung werden die Zustimmungen inzwischen binnen kürzester Frist erteilt, sodass die Vorfinanzierung inzwischen ein gängiges Instrumentarium zur Zwischenfinanzierung der Löhne geworden ist. Ungeklärt ist die Rechtslage noch für den Fall, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor der gerichtlichen Entscheidung zurückgenommen wurde. Die Rücknahme eines solchen Antrags ist jederzeit möglich und beendet mit Eingang bei Gericht das vorläufige Verfahren und damit auch die Befugnisse des vorläufigen Verwalters. In diesem Fall gelangt der Insolvenzgeldanspruch nicht zur Entstehung, denn die richterliche Entscheidung als Insolvenzereignis gem. § 165 SGB III entfällt. Ob § 165 Nr. 3 SGB III greift, bleibt abzuwarten. War das vorfinanzierte Insolvenzgeld an die Arbeitnehmer aber – wie meist, wenn der vorläufige Verwalter auf die Arbeitskräfte angewiesen ist – vorbehaltlos gezahlt worden, so hat dieses Problem die Arbeitnehmer nicht zu bekümmern. Dieses Risiko verbleibt bei der vorfinanzierenden Bank, wenn keine andere Abrede getroffen wurde.

[66] Zu den Voraussetzungen vgl. BeckOK-Sozialrecht/Plössner, § 170 SGB III Rn 10 ff.
[67] Fachliche Weisungen Insolvenzgeld, Bundesagentur für Arbeit, letzte Fassung vom 20.12.2018; vgl. hierzu auch Arens/Brand, § 3 Rn 373 ff.

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