Rz. 156

Die Rechtsnachfolge nach einem verstorbenen Gesellschafter kann unklar oder strittig sein. Eine solche unklare Situation wird dann kritisch, sobald der vermeintliche Erbe Gesellschafterrechte ausübt (z.B. das Stimmrecht) und sich später herausstellt, dass tatsächlich ein anderer Erbe geworden ist. Teilweise wird zwar angenommen, dass § 16 GmbHG auf den Erwerb eines Geschäftsanteils von Todes wegen entsprechend anzuwenden sei. Habe der Erbe seinen – vermeintlichen – Erwerb bei der Gesellschaft unter Erbnachweis angemeldet, so gelte er ihr gegenüber als Gesellschafter.[172] Die h.M. lehnt indes eine entsprechende Anwendung des § 16 GmbHG auf den Erwerb eines Geschäftsanteils von Todes wegen ab.[173] Sie verweist darauf, dass eine entsprechende Anwendung des § 16 GmbHG bis zur Anmeldung zu einem Ruhen der Gesellschafterrechte führe und für einen derart schwerwiegenden Eingriff in die Rechte des Erben es einer besonderen statutarischen oder gesetzlichen Grundlage bedürfe.

 

Rz. 157

 

Praxishinweis

Eine förmliche Anmeldung der Erbfolge unter Erbnachweis vermeidet Unsicherheiten über die Person des Erben. Auch nach der vorgenannten h.M. kann gesellschaftsvertraglich vorgesehen werden, dass für alle Übergangsfälle, auch die gesetzlichen, bis zur Anmeldung und zum Nachweis des Erwerbs die Rechte aus dem Geschäftsanteil ruhen.[174] Es empfiehlt sich daher, im Gesellschaftsvertrag festzulegen, durch welchen Nachweis die Rechtsnachfolge von Todes wegen darzulegen ist.[175]

 

Rz. 158

Als Erbnachweis kommt deshalb stets primär der Erbschein[176] (§§ 2353 ff. BGB) in Betracht. Der Nachweis der Rechtsnachfolge durch Erbschein bietet für die Gesellschaft den Vorteil, dass sie sich erforderlichenfalls auf den öffentlichen Glauben des Erbscheins (§ 2367 BGB) berufen kann, wenn an den im Erbschein Genannten aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts eine Leistung bewirkt wird oder wenn dieser eine Verfügung vornimmt.

 

Rz. 159

Auch die Gesellschaft darf daher mangels abweichender Vereinbarung von dem Erben nicht ohne Weiteres die Vorlage eines Erbscheins verlangen. Freilich kann dies statutarisch geregelt werden. Hierbei sollte nicht stets der Erbnachweis durch Erbschein vorgeschrieben werden, da der Zeit- und Kostenaufwand für die Beschaffung eines Erbscheins den Erben unverhältnismäßig belastet, wenn er sich anderweitig hinreichend legitimieren kann, vor allem durch eine notarielle letztwillige Verfügung nebst Eröffnungsprotokoll.

Muster 15.25: Erbnachweis

 

Muster 15.25: Erbnachweis

Nach dem Tod eines Gesellschafters ist dessen Erbe verpflichtet, der Gesellschaft unverzüglich den Erbfall unter Erbnachweis anzuzeigen. Die Gesellschaft ist in Zweifelsfällen berechtigt, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Bis dahin ruhen die Rechte aus dem Geschäftsanteil mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechts.

[172] Priester, GmbHR 1984, 193, 195 ff.; Kremer/Laux, BB 1992, 159 ff.; ebenso KG GmbHR 1960, 47.
[173] LG Berlin BB 1985, 1752, 1753; Scholz/Winter, § 16 GmbHG Rn 31.
[174] LG Berlin BB 1985, 1752, 1753; Scholz/Winter, § 16 GmbHG Rn 31.
[175] Wachter, GmbH-Geschäftsanteile im Erbfall, 2012, S. 28 ff.
[176] Damrau/Tanck/Uricher, PK Erbrecht, § 2353 Rn 1.

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