Rz. 161

Mit dem Europäischen Nachlasszeugnis, Art. 6273 EuErbVO, wurde erstmals ein einheitliches Nachlasszeugnis für die Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle geschaffen.[178] Das Europäische Nachlasszeugnis hat Legitimationswirkung und vermittelt Gutglaubensschutz. Das Nachlasszeugnis tritt alternativ neben den deutschen Erbschein nach §§ 2353 ff. BGB sowie das Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB. Grundsätzlich ist die Wirksamkeit des Europäischen Nachlasszeugnisses auf sechs Monate beschränkt, Art. 70 Abs. 3 EuErbVO. Eine Einziehungsmöglichkeit wie beim Erbschein ist nicht vorgesehen.

 

Rz. 162

Inhalt des Zeugnisses:

anwendbares Recht
Art und Weise der Berufung
Person des Erben bzw. des Testamentsvollstreckers
Erbquoten

Dem Zeugnis kommen nahezu die gleichen Gutglaubenswirkungen wie einem deutschen Erbschein zu:

Vermutungswirkung, Art. 69 Abs. 2 EuErbVO: Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass der im Zeugnis Ausgewiesene zur Rechtsnachfolge berechtigt bzw. mit den im Erbschein ausgewiesenen Befugnissen ausgestattet ist und keine anderen Verfügungsbeschränkungen als die im Zeugnis ausgewiesenen bestehen.
Gutglaubenswirkung, Art. 69 Abs. 3 und 4 EuErbVO: Wird an dem im Zeugnis Ausgewiesenen gutgläubig eine Leistung bewirkt, so wird der Leistende befreit. Ebenso kann ein Dritter von dem Ausgewiesenen gutgläubig erwerben.
Legitimationswirkung, Art. 69 Abs. 5 EuErbVO: Durch Vorlage des Zeugnisses erfolgt die Eintragung in ein öffentliches Register (z.B. Grundbuch).

Das Erbrechtszeugnis kann berichtigt oder eingezogen werden, Art. 71 EuErbVO. Jeder Mitgliedstaat muss ein entsprechendes Rechtsmittelverfahren einrichten, Art. 72 EuErbVO.

 

Rz. 163

In Deutschland wurde ein Ausführungsgesetz, das Internationale Erbrechtsverfahrensgesetz (IntErbRVG), geschaffen. Die Rechtsmittel sind in den §§ 43, 44 IntErbRVG geregelt und entsprechend weit gehend in den §§ 58 ff. FamFG.[179]

[178] Buschbaum/Simm, ZEV 2012, 525; Wilsch, ZEV 2012, 530; Leitzen, ZEV 2013, 128 ff.
[179] Burandt/Rojahn/Kroiß, IntErbRVG, § 43 Rn 1 ff.

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