aa) Beweiserhebung

 

Rz. 40

Die Beweiserhebung im Erbscheinsverfahren ist durch die in § 352 FamFG vorgegebenen Beweismittel beschränkt. Das Nachlassgericht darf in seiner Beweiserhebung nicht darüber hinausgehen.[69]

 

Rz. 41

Der Urkundenbeweis ist durch die Vorlage öffentlicher Urkunden zu führen i.S.v. §§ 415 ff. ZPO. Auch ausländische Urkunden können dabei herangezogen werden. Diese bedürfen jedoch einer sog. Legalisation, um als Beweismittel dienen zu können. Die Legalisation einer ausländischen Urkunde erfolgt durch den jeweiligen deutschen Konsul in dem Land, in dem die Urkunde erstellt wurde.[70] Staaten, die dem Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer Urkunden von der Legalisationspflicht beigetreten sind, können eine Apostille erteilen, so dass dies die Legalisation ersetzt.[71]

[69] Soergel/Jaspert, § 2356 Rn 2.
[70] Winkler, BeurkG, Einl. Rn 86.
[71] MüKo-BGB/Grziwotz, § 2356 Rn 19.

bb) Personenstandsurkunden

 

Rz. 42

Darunter sind nach § 55 PStG beglaubigte Ablichtungen von Personenstandsbüchern, Geburtsscheinen, Geburts-, Ehe-, Heirats- und Sterbeurkunden zu verstehen.

(1) Geburtsurkunden

 

Rz. 43

Geburtsurkunden i.S.v. § 59 PStG bezeugen Ort, Zeit, Abstammung und Geschlecht des Kindes. Darüber hinaus wird auch die Ehe- oder Nichtehelichkeit dadurch nachgewiesen. Die sog. Geburtsscheine nach § 61c PStG sind keine ausreichenden Beweismittel, da sie keinen Nachweis über die Abstammung beinhalten, sondern lediglich Ort, Zeit, Geschlecht und Namen des Kindes dokumentieren.

(2) Eheurkunden, Nachweis der Lebenspartnerschaft

 

Rz. 44

Eheurkunden dienen als Nachweis der Eheschließung, § 57 PStG. Die Auflösung einer früheren Ehe kann durch Sterbeurkunden, Scheidungsurteile oder eine entsprechende Nichtigkeitserklärung der Ehe bewiesen werden. Nach dem Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) ist auch darüber ein Nachweis zu führen, ob die Lebenspartnerschaft im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch bestand. Denn nach § 10 LPartG ist der überlebende Lebenspartner auch als Erbe berufen, wobei seine Erbquote abhängig ist vom Vorhandensein weiterer Verwandten des Verstorbenen.[72]

[72] Bestelmeyer, Rpfleger 2004, 608 ff.

cc) Bezugnahme auf andere Akten

 

Rz. 45

Der Antragsteller kann auf andere Akten Bezug nehmen, sofern diese bei demselben Amtsgericht, nicht notwendigerweise dem Nachlassgericht, bereits vorhanden sind. Dies können bspw. Urteile aus Vaterschaftsfeststellungsverfahren, Scheidungsverfahren oder aus einem Verfahren über die Kindesannahme sein. Auch wenn Urkunden bereits in einem anderen Erbscheinsverfahren bei demselben Gericht beigebracht wurden, kann darauf Bezug genommen werden.

dd) Sonstige Beweismittel

 

Rz. 46

Sonstige Beweismittel sind diejenigen Beweismittel, die nicht unter die § 352 FamFG fallen, aber dem Antragsteller es trotzdem ermöglichen sollen, einen Nachweis für sein Erbrecht erbringen zu können. Die "anderen" Beweismittel müssen jedoch ähnlich klare und verlässliche Schlussfolgerungen ermöglichen wie eine Urkunde, so dass an die Voraussetzungen der Beweisführung über § 352 Abs. 3 FamFG regelmäßig strenge Anforderungen zu stellen sind.[73] Sonstige Beweismittel werden vom Nachlassgericht aber nur für den Fall zugelassen, dass die Beschaffung von Urkunden außergewöhnlich schwierig ist, wie dies bei ausländischen Urkunden der Fall sein kann. Die bloße Verzögerung der Erteilung eines Erbscheins, weil Urkunden schwierig zu erlangen sind, stellt für sich allein noch keinen Grund für die Beweiserleichterung nach § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG dar. Auch ein staatliches online-Authentifizierungsverfahren kann im Rahmen der richterlichen Überzeugungsbildung herangezogen werden.[74]

[73] OLG Hamm FamRZ 2016, 264.
[74] KG ZErb 2011, 166.

ee) Offenkundige Tatsachen

 

Rz. 47

Darunter versteht das Gesetz Tatsachen, die allgemein, also der Öffentlichkeit bekannt sind, wobei dies nicht gleichbedeutend sein muss mit jedermann. Ferner sind darunter auch die gerichtsbekannten Tatsachen zu verstehen, wie dies bei hinterlegten Verfügungen von Todes wegen der Fall ist oder bei Übergabeverträgen verbunden mit Erbverzichten.

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