Rz. 23

Der Anwalt des Berufungsklägers erhält die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV bereits mit Einlegung der Berufung. Eines zusätzlichen Antrags bedarf es nicht. Die Berufung ist bereits Sachantrag i.S.d. Nr. 3201 VV. Wird die Berufung nicht oder nicht fristgerecht begründet, gilt der volle Wert der Beschwer (§ 47 Abs. 1 S. 2 GKG).

 

Rz. 24

 

Beispiel 1: Volle Verfahrensgebühr

Der Anwalt legt gegen die erstinstanzliche Verurteilung des Mandanten zur Zahlung von 15.000,00 EUR Berufung ein. Die Berufung wird noch vor Ablauf der Begründungsfrist zurückgenommen.

Es entsteht bereits die volle 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV) aus dem Wert der Beschwer, also 15.000,00 EUR. Eine weitere Antragstellung ist für den Anfall der vollen Gebühr nicht erforderlich.

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.148,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.168,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   222,07 EUR
Gesamt   1.390,87 EUR
 

Rz. 25

Wird die Berufung begründet, entstehen dadurch keine weiteren Gebühren, da die volle Gebühr bereits durch die Einlegung der Berufung ausgelöst worden ist.

 

Beispiel 2: Volle Verfahrensgebühr

Der Anwalt legt zunächst gegen die erstinstanzliche Verurteilung des Mandanten zur Zahlung von 15.000,00 EUR fristwahrend Berufung ein. Später begründet er diese und beantragt in Abänderung des vorinstanzlichen Urteils die Abweisung der Klage. Die Berufung wird nach gerichtlichem Hinweis zurückgenommen.

Es entsteht auch jetzt nur eine 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 3200 VV).

 
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.148,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.168,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   222,07 EUR
Gesamt   1.390,87 EUR
 

Rz. 26

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3 je weiteren Auftraggeber.

 

Beispiel 3: Volle Verfahrensgebühr, mehrere Auftraggeber

Der Anwalt wird von zwei Gesamtschuldnern beauftragt, gegen deren erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR Berufung einzulegen. Die Berufung wird nach gerichtlichem Hinweis zurückgenommen.

Die 1,6-Verfahrensgebühr erhöht sich nach Nr. 1008 VV um 0,3 auf 1,9.

 
1. 1,9-Verfahrensgebühr, Nrn. 3200, 1008 VV   1.364,20 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.384,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   263,00 EUR
Gesamt   1.647,20 EUR
 

Rz. 27

Erledigt sich das Berufungsverfahren vorzeitig, ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auf 1,1 (Nr. 3201 Nr. 1 VV).

 

Beispiel 4: Ermäßigte Verfahrensgebühr

Der Anwalt erhält den Auftrag zur Einlegung einer Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR. Er rät von einer Berufung ab, sodass die Berufung nicht mehr eingelegt wird.

Der Anwalt hatte bereits den Auftrag, die Berufung einzulegen, sodass sich die Vergütung nach Teil 3 VV richtet und nicht nach Nr. 2100 VV. Da sich die Sache vorzeitig erledigt hat, entsteht nur die reduzierte 1,1-Verfahrensgebühr (Nrn. 3200, 3201 Nr. 1 VV).

 
1. 1,1-Verfahrensgebühr, Nrn. 3200, 3201 Nr. 1 VV   789,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 809,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   153,86 EUR
Gesamt   963,66 EUR
 

Rz. 28

 

Beispiel 5: Ermäßigte Verfahrensgebühr, mehrere Auftraggeber

Der Anwalt wird von zwei Gesamtschuldnern beauftragt, gegen deren Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR Berufung einzulegen. Zur Einlegung der Berufung kommt es nicht mehr.

Jetzt erhöht sich die ermäßigte 1,1-Verfahrensgebühr der Nr. 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu 3201 VV nach Nr. 1008 VV um 0,3 auf 1,4.

 
1. 1,4-Verfahrensgebühr, Nr. 3200, Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3201, 1008 VV 1.005,20 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.025,20 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   194,79 EUR
Gesamt   1.219,99 EUR
 

Rz. 29

Wird die Berufung nur beschränkt durchgeführt, richten sich die Gerichtsgebühren nur nach dem Wert des beschränkten Antrags (§ 47 Abs. 1 S. 1 GKG). Hinsichtlich der anwaltlichen Verfahrensgebühr ist dagegen zu differenzieren:

Erteilt der Mandant von vornherein einen Auftrag, die Berufung nur beschränkt einzulegen, dann richtet sich die Verfahrensgebühr nur nach dem Wert der eingelegten Berufung. Das gilt auch dann, wenn dem Anwalt zuvor ein unbeschränkter Auftrag zur Prüfung der Erfolgsaussicht des gesamten Rechtsmittels erteilt worden war und er im Rahmen dieses Auftrags vom umfassenden Rechtsmittel abgeraten hat (siehe hierzu § 7 Rdn 20 f.).

Erteilt der Mandant dem Anwalt dagegen zunächst den Auftrag, die Berufung uneingeschränkt einzulegen, ist wiederum zu differenzieren:

rät der Anwalt vor Einlegung der Berufung (teilweise) ab, sodass diese nur beschränkt eingelegt und durchgeführt wird, erhält er aus dem Wert der eingelegten Berufung die volle 1,6-Verfahrensgebühr (Nr. 32...

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