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Auch im Berufungsverfahren ist eine Anrechnung vorgesehen, wenn in einem gerichtlichen Verfahren nicht anhängige Gegenstände zunächst lediglich (erfolglos) verhandelt wurden und anschließend in einem weiteren Verfahren geltend gemacht werden (Anm. zu Nr. 3201 VV; Anm. Abs. 1 zu Nr. 3202 i.V.m. Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV).[36]

 

Beispiel 42: Anrechnung von Verfahrens- und Terminsgebühren nach gescheiterter Einigung über nicht anhängige Gegenstände

Gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem OLG führen die Parteien Vergleichsgespräche. Es wird versucht, eine Gesamtbereinigung aller Ansprüche zu erzielen. Zu diesem Zweck werden weitere nicht anhängige Gegenstände im Wert von 8.000,00 EUR in die Vergleichsgespräche mit einbezogen. Die Einigung scheitert. Die 8.000,00 EUR werden sodann in einem neuen Verfahren vor dem LG eingeklagt.

Im Berufungsverfahren entsteht neben der 1,6-Verfahrensgebühr der Nr. 3200 VV aus dem Wert des Berufungsverfahrens von 15.000,00 EUR für beide Anwälte zusätzlich eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 Nr. 2 VV aus dem Mehrwert von 8.000,00 EUR. Zu beachten ist allerdings § 15 Abs. 3 RVG.

Die Terminsgebühr entsteht in voller Höhe aus dem Gesamtwert von 23.000,00 EUR.

In dem neuen erstinstanzlichen Verfahren entstehen jetzt die Gebühren nach Nrn. 3100 und 3104 VV. Allerdings ist jetzt nach Anm. zu Nr. 3201 VV die Verfahrensgebühr und nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3202 i.V.m. Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV die Terminsgebühr des Berufungsverfahrens teilweise auf die Verfahrens- und Terminsgebühr des nachfolgenden erstinstanzlichen Verfahrens anzurechnen (zur Berechnungsformel siehe § 14 Rdn 1 ff.).

 
I. Berufungsverfahren
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV 1.148,80 EUR  
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. 1,1-Verfahrensgebühr, Nr. 3201 Nr. 2 VV 552,20 EUR  
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
  gem. § 15 Abs. 3 RVG nicht mehr als   1.398,40 EUR
  1,6 aus 23.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   1.048,80 EUR
  (Wert: 23.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.467,20 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   468,77 EUR
Gesamt   2.935,97 EUR
II. Berechnung der anzurechnenden Verfahrensgebühr (Anm. zu Nr. 3201 VV)
  Gesamtbetrag nach § 15 Abs. 3 RVG   1.398,40 EUR
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   – 1.148,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
= anzurechnen   249,60 EUR
III. Berechnung der anzurechnenden Terminsgebühr (Anm. Abs. 1 zu Nr. 3202 VV)
  1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   1.048,80 EUR
  (Wert: 23.000,00 EUR)    
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   – 861,60 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
= anzurechnen   187,20 EUR
IV. Nachfolgendes erstinstanzliches Verfahren
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   652,60 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. gem. Anm. zu Nr. 3200 VV anzurechnen   – 249,60 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   602,40 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
4. gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 3202 VV i.V.m. – 187,20 EUR
  Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV anzurechnen    
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 838,20 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   159,26 EUR
Gesamt   997,46 EUR
[36] Siehe zur Anrechnung nach bloßen Verhandlungen ausführlich auch § 8 Rdn 74 ff.

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