Rz. 78

Wird auf die Revision hin die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen,[33] ist das erneute Verfahren vor dem Berufungsgericht gem. § 21 Abs. 1 RVG eine neue Angelegenheit, in der die Gebühren erneut entstehen. Allerdings ist die Verfahrensgebühr des vorangegangenen Berufungsverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Berufungsverfahrens nach Zurückverweisung anzurechnen, soweit an das Gericht zurückverwiesen worden ist, das mit der Sache bereits befasst war (Vorbem. 3 Abs. 6 VV) und seit Beendigung des ersten Berufungsverfahrens nicht mehr als zwei Kalenderjahre vergangen sind (siehe Rdn 80 ff.).

 

Rz. 79

 

Beispiel 37: Erneutes Berufungsverfahren nach Zurückverweisung

Gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR legt der Beklagte Berufung ein. Gegen das zurückweisende Urteil des OLG legt der Beklagte Revision ein. Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und verweist die Sache an das OLG zurück. Dort wird erneut verhandelt.

Das Verfahren nach Zurückverweisung stellt gem. § 21 Abs. 1 RVG eine neue Angelegenheit dar. Der Anwalt erhält sämtliche Gebühren erneut. Die Verfahrensgebühr des vorangegangenen Berufungsverfahrens wird allerdings auf die Verfahrensgebühr des Berufungsverfahrens nach Zurückverweisung angerechnet, da das Gericht, an das zurückverwiesen worden ist, mit der Sache bereits befasst war (Vorbem. 3 Abs. 6 VV).

 
I. Berufungsverfahren vor Zurückverweisung
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.148,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   861,60 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.030,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   385,78 EUR
Gesamt   2.416,18 EUR
II. Berufungsverfahren nach Zurückverweisung
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.148,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 6 VV anzurechnen,   – 1.148,80 EUR
  1,6 aus 15.000,00 EUR    
3. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   861,60 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 881,60 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   167,50 EUR
Gesamt   1.049,10 EUR
 

Rz. 80

Liegen zwischen der Beendigung des ersten Berufungsverfahrens und dem Beginn des Berufungsverfahrens nach Zurückverweisung mehr als zwei Kalenderjahre, ist gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG eine Anrechnung ausgeschlossen.[34] Dabei ist für die Zweijahresfrist nicht auf die Verkündung des Revisionsurteils an, sondern auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Rechtsanwalts von der Zurückverweisung abzustellen.[35]

 

Beispiel 38: Erneutes Berufungsverfahren, Zurückverweisung nach Ablauf von zwei Kalenderjahren

Gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 15.000,00 EUR hatte der Beklagte Berufung eingelegt, über die im August 2019 entschieden worden ist. Dagegen wurde Revision eingelegt. Der BGH hebt das Berufungsurteil im Januar 2022 auf und verweist die Sache an das OLG zurück. Dort wird erneut verhandelt.

Das Verfahren nach Zurückverweisung stellt gem. § 21 Abs. 1 RVG eine neue Angelegenheit dar, in der der Anwalt sämtliche Gebühren erneut erhält. Da seit der Beendigung des ersten Verfahrens (August 2019) und dem Beginn des Verfahrens nach Zurückverweisung (Januar 2022) allerdings zwei Kalenderjahre vergangen sind, ist gem. § 15 Abs. 5 S. 2 RVG eine Anrechnung ausgeschlossen, sodass die weitere Verfahrensgebühr anrechnungsfrei entsteht. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Vergütung im Verfahren vor Zurückverweisung noch nach altem Recht richtet (§ 60 Abs. 1 RVG).

 
I. Berufungsverfahren vor Zurückverweisung (altes Recht)
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.040,00 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   780,00 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.840,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   349,60 EUR
Gesamt   2.189,60 EUR
II. Berufungsverfahren nach Zurückverweisung (neues Recht)
1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV   1.148,80 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   861,60 EUR
  (Wert: 15.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.030,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   385,78 EUR
Gesamt   2.416,18 EUR
[33] Siehe zur Zurückverweisung ausführlich auch § 14 Rdn 76 ff.
[34] OLG München AGS 2006, 369; OLG Köln AGkompakt 2009, 54; OLG Düsseldorf AGS 2009, 212 = NJW-Spezial 2009, 220 = RVGreport 2009, 181.
[35] OLG Hamburg AGS 2014, 267 = zfs 2014, 410 = RVGreport 2014, 265.

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