Rz. 152

Gemäß § 1356 Abs. 2 BGB sind beide Ehegatten – unter gebotener Rücksichtnahme auf die Belange der Familie – zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Sind sie demgemäß beide berufstätig, so müssen sie im Rahmen des § 1356 Abs. 1 BGB die Haushaltsführung einvernehmlich untereinander verteilen. Diese Einvernehmensregelung ist rechtlich grundsätzlich anzuerkennen, es sei denn, sie könnte auch unter Berücksichtigung des den Ehegatten eingeräumten Gestaltungsfreiraums nicht mehr mit dem Grundsatz der Angemessenheit in Einklang gebracht werden.[313] Dies bedeutet, dass im Regelfall beide Ehegatten sowohl zum finanziellen Einkommen der Familie als auch zur Haushaltsführung beitragen und damit beide an der Aufbringung des Barunterhalts und des Betreuungsunterhalts beteiligt sind. Wird nun einer der Ehegatten durch ein Schadensereignis getötet, so kommen für den überlebenden Ehegatten (und die Kinder) unter dem Gesichtspunkt des § 844 Abs. 2 BGB sowohl Ansprüche wegen entgangenen Barunterhalts als auch solche wegen Wegfalls der Haushaltsleistung infrage.[314]

[313] Vgl. BGHZ 104, 113, 115; BGH, Urt. v. 6.10.1992 – VI ZR 305/91, VersR 1993, 56, 57; dazu auch oben Rdn 61 ff.
[314] Vgl. z.B. OLG Hamburg, Urt. v. 20.11.1987 – 14 U 32/87, VersR 1988, 135; hierzu Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 11. Aufl. 2013, Rn 397 ff.; Drees, VersR 1985, 611, 613 f.

I. Schaden wegen entzogenen Barunterhalts

 

Rz. 153

Da beide Ehegatten aus ihren Arbeitseinkünften in angemessener Weise zum Familienunterhalt beizutragen hatten,[315] steht, wenn ein Ehepartner unfallbedingt getötet wird, dem überlebenden Ehepartner zwar ein Anspruch auf Ersatz des vom Getöteten eingebrachten Barunterhalts zu, vermindert jedoch um die nunmehr ersparten Unterhaltsleistungen, die der hinterbliebene Ehegatte dem Getöteten weiterhin geschuldet hätte.[316] Im Rahmen der Berechnung des wechselseitig geschuldeten Barunterhalts sind die im Haushalt entstehenden fixen Kosten (dazu oben Rdn 81 ff.) anteilig entsprechend der jeweiligen Einkommenshöhe auf beide Ehegatten zu verteilen; am jeweils nach Abzug der fixen Kosten verbleibenden verfügbaren Einkommen der Ehegatten stehen beiden die Anteile zu, die sie unter Berücksichtigung der Familienverhältnisse am gesamten Familieneinkommen beanspruchen können (bei einem kinderlosen beiderseits berufstätigen Ehepaar also die Hälfte – so im Berechnungsbeispiel[317] –, bei Berücksichtigung eines Kindes beispielsweise je 40 %, während auf das Kind 20 % entfallen.[318]

[315] Vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1974 – VI ZR 130 & 155/73, VersR 1974, 885, 886; Urt. v. 6.4.1976 – VI ZR 240/74, VersR 1976, 877, 878; Urt. v. 22.1.1985 – VI ZR 71/83, VersR 1985, 365 f.; Urt. v. 23.9.1986 – VI ZR 46/85, VersR 1987, 156, 157.
[316] Vgl. hierzu Berechnungsbeispiele in BGH, Urt. v. 22.3.1983 – VI ZR 67/81, VersR 1983, 726, 727; Urt. v. 11.10.1983 – VI ZR 251/81, VersR 1984, 79, 81; Urt. v. 22.11.1983 – VI ZR 22/82, VersR 1984, 353, 354; Urt. v. 3.7.1984 – VI ZR 42/83, VersR 1984, 961, 963; BGH, Urt. v. 23.6.1994 – III ZR 167/93, NZV 1994, 475.
[317] BGH, a.a.O.
[318] So Berechnungsbeispiel bei BGH, a.a.O.

II. Ersatz der entgangenen Haushaltstätigkeit

 

Rz. 154

In "Doppelverdienerehen" haben die Ehegatten – wie dies zunehmend die Regel wird – häufig die Hausarbeit unter sich aufgeteilt.[319] Dies mag dem Umfang nach von recht unterschiedlicher Belastung bis zur hälftigen Arbeitsteilung reichen; dem Gegenstand nach kann eine Mitarbeit beider Partner in allen wesentlichen Bereichen infrage kommen, teilweise wird jedoch wohl eine Arbeitsteilung in verschiedenen "Zuständigkeitsgebieten" (etwa Haushaltsführung im engeren Sinne einerseits, Garten-, Reparatur- oder ähnliche Arbeiten andererseits) vorgenommen werden. Alle diese Leistungen sind von der gegenseitigen Unterhaltspflicht erfasst. Fällt infolge des Unfalltodes des einen Ehegatten dessen Mitarbeit aus, so ist zugleich dem anderen Partner ein entsprechender Unterhaltsanspruch entzogen, was zu einer Ausgleichspflicht des Schädigers nach § 844 Abs. 2 BGB auch dann führen kann, wenn sich die Ehegatten die Haushaltsarbeit bei beiderseitiger gleich belastender Berufstätigkeit dem Umfang nach hälftig geteilt hatten. In der Rechtsprechung war früher die Auffassung vertreten worden,[320] die entgangene Haushaltsführung habe dann, wenn die Haushaltsarbeit von beiden Ehegatten zu gleichen Teilen geleistet worden war, im Rahmen des § 844 Abs. 2 BGB außer Ansatz zu bleiben. Dabei war jedoch der Rationalisierungseffekt der gemeinsamen Haushaltsführung nicht hinreichend beachtet worden: Da in einem gemeinschaftlichen Haushalt eine Reihe wesentlicher Arbeiten nur einmal anfällt und nicht entscheidend mehr Zeit benötigt wird, als wenn diese Arbeiten für einen Einpersonenhaushalt ausgeführt würden, kommen auch bei hälftiger Arbeitsteilung die vom einen Partner ausgeführten Arbeiten nicht nur diesem selbst, sondern auch dem andern als Unterhaltsleistung zugute.[321] Auch in diesen Fällen kann zur Ermittlung des Arbeitszeitbedarfs für die Hausarbeiten als Grundlage für den dem überlebenden Ehegat...

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