Rz. 48

Ein Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB besteht immer nur im Umfang eines ohne die betreuungsbedingten Einschränkungen erzielbaren Einkommens ("solange und soweit"). Jedoch kann sich darüber hinaus ein überschießender Unterhaltsanspruch noch aus anderen Tatbeständen ergeben – so insbesondere als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB, der sich aus der unterschiedlichen Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen und des – teilweise fiktiven – Einkommens der Unterhaltsberechtigten ergibt.[57]

 

Rz. 49

Dabei ist wie folgt zu differenzieren:[58]

Solange die Unterhaltsberechtigte durch das Erwerbshindernis (hier die Kindesbetreuung) vollständig an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, ergibt sich ihr Nachscheidungsunterhaltsanspruch noch vollständig allein aus den §§ 1570 bis 1572 BGB – also nicht nur bzgl. des Anteils, der auf dem Erwerbshindernis beruht, sondern auch für den Teil, der den angemessenen Lebensbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 BGB übersteigenden Anteil betrifft.

Ist die Unterhaltsberechtigte jedoch durch das Erwerbshindernis (hier die Kindesbetreuung) nur teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert (so der Normalfall), folgt der Unterhaltsanspruch

hinsichtlich des Einkommensausfalls, der durch diese teilweise Hinderung verursacht wird, aus den §§ 1570 bis 1572 BGB und
im Übrigen als Aufstockungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB.[59]
 

Rz. 50

Nach Auffassung des BGH[60] ist eine Differenzierung nach Teilansprüchen notwendig im Hinblick auf

die verschiedenen Einsatzzeitpunkte,
die unterschiedliche Darlegungs- und Beweislast,[61]
die unterschiedliche Dauer der Ansprüche,
sowie deren Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeit aus § 1578b BGB,[62]
zudem im Hinblick auf die spätere Abänderbarkeit,[63]
sowie die unterschiedlichen Maßstäbe an die Sittenwidrigkeitsprüfung.
 

Rz. 51

Eine Unterscheidung im Hinblick auf den Rang ist dagegen nicht erforderlich. Besteht ein Teilunterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt und ein weiterer Teilanspruch aufgrund eines anderen Unterhaltstatbestands, unterfällt der Gesamtanspruch dem Rang des § 1609 Nr. 2 BGB.[64]

 

Rz. 52

 

Praxistipp:

Die Höhe der Teilansprüche muss folglich konkret berechnet[65] und im Tenor gesondert ausgewiesen[66] werden. Sie kann daher nicht offen blieben.
Ist dies nicht erfolgt, ist auch der unterhaltsberechtigte Ehegatte beschwert.[67]
Die Bedeutung von Teilansprüchen muss vor allem auch in Unterhaltsvereinbarungen beachtet werden![68]
[59] BGH FamRZ 2010, 869; 2012, 1040.
[60] BGH FamRZ 2009, 406; 2010, 869 und 1050; 2012, 1040.
[61] BGH FamRZ 1990, 496.
[63] BGH FamRZ 1994, 228.
[66] Bamberger/Roth/Beutler, BGB, § 1570 Rn 29, Borth, FamRZ 2009, 58.
[68] Kleffmann, FuR 2008, 67, 73; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 519, 520.

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