Rz. 17

In den ersten Jahren nach Einführung des neuen Unterhaltsrechts war der Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB die wesentliche in der obergerichtlichen Rechtsprechung diskutierte Frage des neuen Rechts. Der BGH hat sich damit in zahlreichen Entscheidungen befasst.[13]

a) Aufbau des Anspruchs

 

Rz. 18

Der – einheitliche – Unterhaltsanspruch des § 1570 BGB ist in drei Stufen aufgebaut und unterscheidet jetzt zwischen kindbezogenen Gründen für den Unterhalt und elternbezogenen und damit ehebezogenen Gründen. In den beiden Absätzen des § 1570 BGB werden jetzt unterschiedliche Voraussetzungen kodifiziert:

den allein auf die Betreuung des Kindes gestützten Anspruch des § 1570 Abs. 1 BGB, der sich wiederum unterteilt in

einen verbindlichen Basisunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 und
einen Billigkeitsunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Sätze 2 und 3.
sowie den allgemeinen ehebezogen Billigkeitsanspruch des § 1570 Abs. 2 BGB.
 

Rz. 19

Nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der geschiedene Ehegatte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens 3 Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen.

 

Rz. 20

Der Unterhaltsanspruch verlängert sich, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1570 Abs. 1 Satz 3 BGB).

 

Rz. 21

Die Dauer des Unterhaltsanspruches verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 22

 

Praxistipp:

Es besteht nach dem neuen Unterhaltsrecht ein verstärktes Interesse an ehevertraglichen Regelungen zur Modifizierung der gesetzlichen Regelungen.
Eheverträge können auch dazu eingesetzt werden, Unterhaltsansprüche durch detaillierte ehevertragliche Regelungen über das enge gesetzliche Maß hinausgehend zu begründen (sog. unterhaltsverstärkende oder unterhaltserweiternde Vereinbarungen).[14]
Das Formerfordernis des § 1585c BGB ist zu beachten.
Siehe § 21 Rdn 1 ff. zu den Eheverträgen.
[14] Dazu Heiderhoff, DNotZ 2012, 494; Herrler, FPR 2009, 506; Münch, Notar 2009, 286 ff.; Herrler, FamRZ 2010, 118, 3. Aufl. 2011, Rn 2733 ff.; Langenfeld, NJW 2011, 966, 967; zur Vereinbarung einer Leibrente anstelle von nachehelichem Unterhalt siehe Bergschneider/Engels, FamRZ 2014, 436–440.

b) Basisunterhalt gem. § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB

 

Rz. 23

Der Unterhaltsanspruch des § 1570 Abs. 1 BGB stützt sich allein auf die Betreuung des Kindes (kindbezogene Gründe). In § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB wird ein verbindlicher Basisunterhalt gewährt, der aber auf die ersten drei Lebensjahre des Kindes beschränkt ist.

 

Rz. 24

Eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils besteht hier selbst bei bestehender Fremdbetreuungsmöglichkeit generell nicht,[15] und zwar auch dann nicht, wenn vor der Trennung (teilweise) eine Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist. Die Mutter verliert ihren Unterhaltsanspruch auch nicht, wenn sie neben der Kinderbetreuung ihr Studium fortsetzt.[16]

 

Rz. 25

 

Praxistipp:

Der betreuende Elternteil kann jederzeit eine Erwerbstätigkeit wieder aufgeben.[17]

Der anwaltliche Sachvortrag kann sich folglich hier allein darauf beschränken, dass der Unterhalt fordernde Ehegatte

ein oder mehrere Kinder unter drei Jahren betreut und
über keine oder keine bedarfsdeckenden Einkünfte verfügt.
 

Rz. 26

Eine dennoch ausgeübte Erwerbstätigkeit ist als überobligatorisch anzusehen. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass die daraus erzielten Einkünfte vollständig außer Ansatz blieben müssen. Vielmehr ist eigenes Einkommen der Unterhaltsberechtigten ist nach Maßgabe des § 1577 Abs. 2 BGB anzurechnen.[18]

 

Rz. 27

 

Praxistipp:

Die statistische Bedeutung der Fälle des § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB ist angesichts der zeitlichen Umstände gering, denn bis zur Rechtskraft der Scheidung vergehen seit der Trennung i.d.R. mindestens 1,5 Jahre.

[16] OLG Brandenburg v. 2.3.2010 – 10 UF 63/09, NJW-RR 2010, 874–879; OLG Frankfurt FamRZ 2000, 1522.
[17] BGH FamRZ 2009, 770; Menne in Büte/Poppen/Menne, § 1570 Rn 18 ff.

c) Kindbezogener Billigkeitsergänzungsunterhalt gem. § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB

 

Rz. 28

Der Unterhaltsanspruch verlängert sich, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (kindbezogener Billigkeitsergänzungsunterhalt § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB).[19] Das früher in der ...

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