Leitsatz (amtlich)

Dass die nichteheliche Mutter wegen der Geburt und der nachfolgenden Betreuung des Kindes ihr Studium unterbrochen hat, während der Vater in diesem Zeitraum sein Studium abschließen konnte, stellt keinen elternbezogenen Umstand dar, der aus Billigkeitsgründen eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts rechtfertigen würde.

 

Normenkette

BGB § 1615l Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Beschluss vom 06.09.2013; Aktenzeichen 6 F 47/13)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 10.06.2015; Aktenzeichen XII ZB 251/14)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG -Familiengericht- Karlsruhe vom 6.9.2013 - 6 F 47/13 - wie folgt abgeändert:

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin rückständigen Unterhalt für den Zeitraum November 2012 bis Januar 2013 i.H.v. 2.340 EUR zu zahlen.

2. Der Antragsgegner wird weiter verpflichtet, an die Antragstellerin vom 1.2.2013 bis zum 31.10.2013 einen monatlichen, jeweils zum Ersten des Monats im Voraus fälligen Unterhalt i.H.v. 800 EUR zu zahlen.

3. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

II. Die weiter gehende Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.940 EUR festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB ab November 2012.

Die am 31.1.1986 geborene Antragstellerin und der am 28.8.1985 geborene Antragsgegner sind die nicht verheirateten Eltern des am 21.10.2010 geborenen Kindes T.. T. lebt bei der Antragstellerin und wird von ihr betreut und versorgt. Das Kind ist seit der Geburt zu 100 % schwerbehindert. Es leidet an einer Chromosomenanomalie des Typs Trisomie 21, dem sog. Down-Syndrom, und ist in Pflegestufe II eingestuft.

Die Beteiligten studierten zunächst beide in P.. Die Antragstellerin unterbrach ihr Studium zum Lehramt infolge der Schwangerschaft und der Geburt des Kindes. Sie lebt jetzt mit ihrem Sohn im Haus ihrer Eltern in K.. Der Antragsgegner schloss sein Studium ab und ist seither als wissenschaftlicher Mitarbeiter, jeweils mit befristeten Arbeitsverträgen, erwerbstätig. Zunächst war er aufgrund eines am 9.12.2011 abgeschlossenen und bis zum 30.4.2014 befristeten Vertrags als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stadtwerke P. GmbH beschäftigt. Dieser Vertrag wurde mit Aufhebungsvereinbarung vom 1.10.2013 vorzeitig zum 13.10.2013 beendet. Der Antragsgegner nahm am 14.10.2013 bei der L.-M.-Universität in M. eine Anschlusstätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter auf.

Die Antragstellerin nahm neben der Betreuung des Kindes ihr Lehramtsstudium wieder auf. Mitte Januar 2013 stellte sie ihre Examens-Zulassungsarbeit fertig. Diese wurde mit der Note eins bewertet. Die Prüfungen für den Studienabschluss wollte die Antragstellerin zunächst im Sommer 2014 abschließen; sie ist jedoch nach ihren Angaben wegen der häufigen Erkrankungen des Kindes nicht zur Prüfung angetreten und beabsichtigt nunmehr, ihr Studium im Sommer 2015 zu beenden. Sie will sich nach bestandenem Examen auf eine Referendarsstelle bewerben.

Das Kind T. wird seit 1.9.2012 in einer von 6:30 Uhr bis 18:00 Uhr geöffneten Kindertagesstätte in K. regelmäßig montags bis freitags von 9:00 Uhr bis 15:00 Uhr betreut. Die Kindertagesstätte ist für behinderte Kinder besonders eingerichtet und verfügt über ausgebildete Betreuungskräfte und Therapeuten. Während der Ferien und an den Wochenenden versorgt ausschließlich die Mutter das Kind. T. benötigt nach dem Aufstehen ca. eine Stunde, um sein Frühstück zu sich zu nehmen, wobei er gefüttert werden muss. Nach den unangegriffenen Feststellungen des AG verlässt die Antragstellerin morgens um 08:30 Uhr das Haus und gibt T. um 09:00 Uhr bei der Kindertagesstätte ab. Ab 09:30 Uhr ist die Antragstellerin wieder zu Hause und geht dann dem Studium nach. Spätestens um 14:30 Uhr verlässt sie wieder das Haus, um das Kind gegen 15:00 Uhr bei der Kindertagesstätte abzuholen. Danach findet wieder die persönliche Betreuung durch die Antragstellerin statt. T. konnte zunächst zum Zeitpunkt der Aufnahme in der Kindertagesstätte infolge seiner Behinderung weder gehen noch stehen, weder sprechen noch kauen sowie nicht selbständig essen oder trinken. Der Antragsgegner hat unwidersprochen vorgetragen, dass T. inzwischen erhebliche Fortschritte gemacht habe und zwischenzeitlich auch laufen könne. Vierteljährlich nimmt das Kind in Begleitung seiner Mutter an einer ärztlich verordneten Intensiv-Therapie-Woche in B. teil. Außer den wöchentlichen zusätzlichen Therapieeinheiten muss die Mutter mit dem Kind täglich zusätzliche Übungen zuhause absolvieren.

Der Antragsgegner bezahlte bis einschließlich Oktober 2012 an die Antragstellerin Unterhalt i.H.v. monatlich 604 EUR.

Die Antragstellerin begehrt Betreuungsunterhalt ab November 2012 i.H.v. monatlich 770 EUR und ab Januar 2013 i.H.v. monatlich 800 EUR. Sie hat in erster Inst...

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