Rz. 383

Für Versicherungsverträge mit Vertragsschluss ab dem 1.1.2008 regelt § 169 Abs. 5 S. 1 VVG, dass ein Stornoabzug nur dann zulässig ist, wenn dieser vereinbart, beziffert und angemessen ist. Die Beweislast dafür, dass der Stornoabzug die Voraussetzungen des § 169 Abs. 5 VVG erfüllt, trägt der Versicherer.[563] Unwirksam ist die Vereinbarung eines Stornoabzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten (§ 169 Abs. 5 S. 2 VVG).

 

Rz. 384

Ein Stornoabzug ist damit nur dann zulässig, wenn er beziffert ist. Zur Begründung führt der Gesetzgeber an, dass der Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss über die Höhe eines bei Kündigung drohenden Abzugs informiert sein muss, wenn er dessen wirtschaftliche Bedeutung erkennen soll. Ein Abzug, der nur dem Grunde nach vereinbart, der Höhe nach aber tatsächlich in das Ermessen des Versicherers gestellt sei oder von diesem erst nach der Kündigung genannt werde, erfülle diese Voraussetzungen nicht. Dies gelte auch für einen Abzug, für dessen Berücksichtigung auf versicherungsmathematische Grundsätze verwiesen werde, die der Versicherungsnehmer nicht kenne und nicht selbst nachvollziehen könne.[564] Die Wirksamkeit des Stornoabzugs macht es damit für den Versicherer erforderlich, dem Versicherungsnehmer die Höhe des Stornoabzugs in Euro oder zumindest in Prozent konkret zu nennen. Die Musterbedingungen des GDV für die Rentenversicherung mit aufgeschobener Rentenzahlung sehen in § 12 Abs. 4 dementsprechend den nachfolgenden Satz vor: "Von dem nach Absatz 3 ermittelten Wert nehmen wir einen Abzug in Höhe von … vor". Soweit die Höhe des Stornoabzugs sich über die Vertragsdauer ändert, erfüllt der Versicherer seine Verpflichtung zur Bezifferung des Stornoabzugs nur dann, wenn er die Höhe des Abzugs in einer Übersicht (z.B. einer Tabelle) darstellt.

 

Rz. 385

Der Stornoabzug ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn er angemessen ist. Bei dem Kriterium der Angemessenheit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im Falle der Rechtsanwendung im Einzelfall konkretisiert werden muss.[565]

 

Rz. 386

Nach der Rechtsprechung des BGH ist auf den Stornoabzug § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB entsprechend anwendbar.[566] Eine Regelung zum Stornoabzug in den Versicherungsbedingungen ist damit nur dann wirksam, wenn sie dem Versicherungsnehmer den Nachweis gestattet, dass ein Stornoabzug überhaupt nicht oder nur in geringerer Höhe entstanden ist. Dabei muss anhand der Formulierung der Regelung zum Stornoabzug deutlich werden, dass zunächst der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig für die generelle Angemessenheit der Höhe des Stornoabzugs ist und dass den Versicherungsnehmer erst in einem zweiten Schritt die Beweislast dafür trifft, dass in seinem konkreten Einzelfall ein Abzug überhaupt nicht oder nur in geringerer Höhe angemessen ist.

[563] Begründung d. Regierungsentwurfs z. § 169 Abs. 5 VVG, BT-Drucks 16/3945, 104.
[564] Begründung d. Regierungsentwurfs z. § 169 Abs. 5 VVG, BT-Drucks 16/3945, 103.
[565] Begründung d. Regierungsentwurfs z. § 169 Abs. 5 VVG, BT-Drucks 16/3945, 103.
[566] BGH v. 25.7.2012 – IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 = NJW 2012, 3023; Seiffert, r+2 2010, 177, 179 f.

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