Rz. 77

Der BGH hat bereits mit Urt. v. 11.7.1953[99] das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneint und festgestellt, dass der Geschäftsführer der GmbH nicht Arbeitnehmer der Gesellschaft ist.[100] Entsprechendes vertritt auch das BAG, das mit Beschl. v. 6.5.1999 entschieden hat, dass durch den Anstellungsvertrag i.d.R. ein freies Dienstverhältnis und nur ausnahmsweise "im Einzelfall" ein Arbeitsverhältnis begründet werde.[101] Die unterschiedliche Auffassung der beiden Bundesgerichte geht also letztlich dahin, ob es "möglich" ist, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, was das BAG bejaht, wohingegen für den "Normalfall" Übereinstimmung zwischen BAG und BGH besteht, dass "i.d.R." ein freies Dienstverhältnis besteht. Die vom BAG grundsätzlich als Möglichkeit in Betracht gezogene Ausnahmekonstellation soll etwa dann gegeben sein, wenn

Zitat

"die Gesellschaft eine – über ihr gesellschaftliches Weisungsrecht hinausgehende – Weisungsbefugnis auch bezüglich der Umstände hat, unter denen der Geschäftsführer seine Leistung zu erbringen hat, und die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung durch arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Leistungen bestimmen kann."[102]

Auch komme eine Arbeitnehmer-Stellung bei einer Mehrpersonengeschäftsführung sowie bei stellvertretenden Geschäftsführern in Betracht.[103] Auch der AG-Vorstand ist "i.d.R." nicht Arbeitnehmer.[104] Ausnahmen werden im Zusammenhang mit Beherrschungsverträgen gem. § 291 AktG diskutiert. Gem. § 308 Abs. 1 S. 1 AktG ist das herrschende Unternehmen berechtigt, dem Vorstand der Gesellschaft hinsichtlich der Leitung der Gesellschaft Weisungen zu erteilen.[105] Daneben wird bei AG-Vorstand und GmbH-Geschäftsführer "in Einzelfällen" daran gedacht, bestimmte arbeitsrechtliche Normen entsprechend anzuwenden.[106]

[99] BGH v. 11.7.1953, NJW 1953, 1465.
[100] So auch BGH v. 9.2.1979, NJW 1978, 1435, 1437; BGH v. 10.5.2010, NZG 2010, 827.
[101] BAG v. 6.5.1999, NZA 1999, 839; BAG v. 24.11.2005, NZA 2006, 366, 367; BAG v. 21.1.2019, NZA 2019, 490, 493; BAG v. 8.2.2022, NZA 2022, 430, 431 f.
[102] BAG v. 21.1.2019, NZA 2019, 490, 493; BAG v. 8.2.2022, NZA 2022, 430, 432.
[103] Vgl. BAG v. 26.5.1999, AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG.
[104] BeckOGK/Maties, BGB, § 611 Rn 176 m.w.N.
[105] MüKo-AktG/Spindler, § 76 Rn 42 f. m.w.N.
[106] Vgl. Fn 26 zur analogen Anwendung des § 622 BGB durch den BGH; BGH v. 26.3.2019, NJW 2019, 2086 zur Anwendung des AGG; hierzu Arnold/Romero, NZG 2019, 930; BGH v. 8.1.2007, NZA 2007, 1174 gegen die Anwendbarkeit des KSchG für Geschäftsführer bei Umwandlung einer GmbH in eine GmbH & Co. KG; gegen die Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB s. BGH v. 26.3.1984, NJW 1984, 2366; BGH v. 4.3.2002, NZG 2002, 475; BGH v. 7.7.2008, NZG 2008, 753; OLG München v. 2.8.2018, NZA-RR 2019, 82; Anwendung der Grundsätze zum fehlerhaften Arbeitsverhältnis auf Anstellungsverträge von Organmitgliedern s. BGH v. 20.8.2019, NJW 2019, 3718; vgl. auch Boemke, ZfA 1998, 209; Henssler, RdA 1992, 289; Schrader/Schubert, DB 2005, 1457; zur Frage der Anwendbarkeit des TzBfG vgl. Busch/Schönhöft, DB 2007, 2650 ff. Zu weitergehenden, insbesondere europarechtlichen Aspekten siehe Rdn 95 ff.; vgl. auch BGH v. 6.4.1964, AP AktG § 75 Nr. 2.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge