Rz. 14

Die Trennung zwischen Organstellung und Anstellungsvertrag ist auch in den Fällen zu beachten, in denen das Vorstandsmitglied ausscheiden möchte. Die "Kündigung" des Organschaftsverhältnisses durch den Vorstand wird üblicherweise als "Rücktritt" oder "Amtsniederlegung" bezeichnet. Diese Erklärung führt nicht automatisch zur Beendigung des Anstellungsvertrags. Das Vorstandsmitglied muss vielmehr neben seiner Erklärung, sein Amt niederzulegen, ebenso wie die Gesellschaft auf der anderen Seite auch den dann noch fortbestehenden Dienstvertrag gesondert kündigen. Kündigt der Vorstand den Anstellungsvertrag, bevor es zur Niederlegung des Amts als Vorstand der AG kommt, wird üblicherweise in der (i.d.R. außerordentlichen) Kündigung des Anstellungsvertrags zugleich die Erklärung der Amtsniederlegung gesehen werden können. Das Vorstandsmitglied ist gut beraten, zur Vermeidung von Missverständnissen und Komplexitäten beide Erklärungen möglichst eindeutig und möglichst getrennt voneinander abzugeben.

 

Rz. 15

Das Vorstandsmitglied kann seine Organstellung durch "Rücktritt", d.h. durch Erklärung der Amtsniederlegung gegenüber dem Aufsichtsrat (§ 112 AktG), einseitig beenden.[18] Diese Befugnis ist für alle Organstellungen anerkannt.[19] Streitig ist in diesem Zusammenhang, ob entsprechend der Regelung des § 84 Abs. 4 AktG hierzu ein wichtiger Grund erforderlich ist.[20] Die Rechtsprechung hat das Erfordernis für GmbH-Geschäftsführer aufgegeben,[21] diese Lösung ist für das Aktienrecht zu übernehmen.[22] Das die Amtsniederlegung beabsichtigende Vorstandsmitglied tut gleichwohl gut daran, vorab zu prüfen, ob in Anlehnung an die Regelung des § 84 Abs. 4 AktG ein Regeltatbestandsmerkmal (z.B. Vertrauensverlust) gegeben ist. Sollte ausnahmsweise kein wichtiger Grund für die Amtsniederlegung vorliegen, kommt eine fristlose Aufgabe der Organstellung jedenfalls dann in Betracht, wenn auch der Anstellungsvertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt werden kann. Ebenso wie für den umgekehrten Fall der Abberufung durch die Gesellschaft, ist die Niederlegung seitens des Vorstandsmitglieds in entsprechender Anwendung des § 84 Abs. 4 S. 4 AktG sofort wirksam.[23] Die allgemeinen Grundsätze zur Frage der Abgabe der Erklärung zur Unzeit oder des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens finden Anwendung.[24]

 

Rz. 16

Das Vorstandsmitglied kann den Anstellungsvertrag dann, wenn die Voraussetzungen des § 626 BGB vorliegen, aus wichtigem Grund kündigen. Die Erklärung ist nach § 112 AktG gegenüber dem Aufsichtsrat abzugeben. Ein besonderes Kündigungsrecht besteht für das Vorstandsmitglied nach § 87 Abs. 2 S. 4 AktG bei Herabsetzung seiner Bezüge gem. § 87 Abs. 2 S. 1 AktG. Beschließt der Aufsichtsrat der AG entsprechend, dann wird durch eine derartige Herabsetzung der Anstellungsvertrag im Übrigen nicht berührt (vgl. § 87 Abs. 2 S. 3 AktG). Das Vorstandsmitglied ist dann jedoch berechtigt, seinen Anstellungsvertrag für den Schluss des nächsten Kalendervierteljahres mit einer Kündigungsfrist von 6 Wochen gem. § 87 Abs. 2 S. 4 AktG zu kündigen.

[18] Vgl. BGH v. 8.2.1993, NJW 1993, 1198 (zur GmbH).
[20] Dies hat die früher h.M. verlangt; vgl. BGH v. 14.7.1980, NJW 1980, 2415.
[22] Koch/Koch, § 84 AktG Rn 80.
[23] Vgl. BGH v. 13.2.1984, WM 1984, 532.
[24] Vgl. Koch/Koch, § 84 AktG Rn 80.

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