Rz. 5

§ 84 Abs. 1 S. 1 AktG bestimmt, dass der Aufsichtsrat Vorstandsmitglieder einer AG für höchstens fünf Jahre bestellt. Eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit, jeweils für höchstens fünf Jahre, ist zulässig. Sie erfordert einen jeweils neuen Beschluss des Aufsichtsrats, der jedoch frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden darf (vgl. § 84 Abs. 1 S. 2 u. 3 AktG). Ist eine kürzere Dauer der Bestellung vorgesehen, bedarf eine Verlängerung keines erneuten Aufsichtsratsbeschlusses, sofern dadurch die gesamte Amtszeit nicht mehr als fünf Jahre beträgt (vgl. § 84 Abs. 1 S. 4 AktG). Diese Vorschriften stellen sicher, dass der Aufsichtsrat der AG spätestens im Laufe des fünften Jahres der Bestellungsperiode die Möglichkeit hat, seine Personalentscheidung zu überprüfen. Die fünfjährige Höchstdauer und die Regeln für die Verlängerung der Bestellung gelten gem. § 84 Abs. 1 S. 5 AktG sinngemäß für den Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds. Die Entscheidungsfreiheit des Aufsichtsrats wäre beeinträchtigt, wenn die Gesellschaft bei einer langjährigen (mehr als fünf Jahre) Laufzeit des Dienstvertrags des Vorstands gebunden wäre und ggf. für diesen Zeitraum eine Vergütung zahlen müsste, ohne eventuell die Gegenleistung vom Vorstand zu erhalten, weil zwischenzeitlich die maximale Bestellungsdauer (als Organ) enden würde.[5]

 

Rz. 6

In der Praxis werden daher regelmäßig nur befristete Anstellungsverträge mit Mitgliedern des Vorstands einer AG abgeschlossen. Diese enthalten i.d.R. keine Klausel, die dem Rechtsgedanken des § 15 Abs. 3 TzBfG entsprechen würde und die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung einzelvertraglich, obwohl ein befristetes Anstellungsverhältnis vorliegt, erlauben würde. Dies ergibt zum einen Sinn, da der Aufsichtsrat andernfalls dem Mitglied des Vorstands durch ordentliche Kündigung des Dienstvertrags die wirtschaftliche Basis entziehen könnte und ihn ohne Beachtung der Regelungen von § 84 Abs. 4 AktG zur Amtsniederlegung zwingen könnte.[6] Die Regelung ergibt auch deshalb Sinn, weil sie dem Vorstandsmitglied ein Mindestmaß an rechtlicher Sicherheit gibt, wie auch § 84 Abs. 4 S. 5 AktG bestätigt, demzufolge für die Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag unabhängig von der Frage des Widerrufs des organschaftlichen Amtes die allgemeinen Vorschriften zur Anwendung kommen.

Eine Beendigung des Dienstvertrags kommt danach also immer nur dann in Betracht, wenn auch die Bestellung (zuvor/zeitgleich) wirksam beendet wird. Umgekehrt ist es hingegen möglich, dass das organschaftliche Amt vorzeitig endet, während der Dienstvertrag bis zum Ende der (längsten fünfjährigen) Vertragszeit weiter besteht.

 

Rz. 7

Neu ist § 84 Abs. 3 AktG.[7] Danach haben Mitglieder eines Vorstands, der aus mehreren Personen besteht, bei Mutterschutz, Elternzeit, Pflege eines Familienangehörigen oder Krankheit das Recht, den Aufsichtsrat um den Widerruf ihrer Bestellung zu ersuchen, bei Zusicherung der Wiederbestellung.

Dagegen regelt § 84 Abs. 4 S. 1 AktG die Möglichkeit des Aufsichtsrats zum Widerruf der Bestellung (Abberufung) aus wichtigem Grund. Das Gesetz bestimmt in § 84 Abs. 4 S. 2 AktG, dass ein solcher Grund namentlich grobe Pflichtverletzung, Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung ist. Mit diesen Regelungen soll die Vorschrift des § 76 Abs. 1 AktG, der bestimmt, dass der Vorstand unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten hat, konkretisiert und dem Vorstand während seiner organschaftlichen Bestellungszeit eine (rechtlich) "sichere" Stellung verschafft werden. Ein voraussetzungsloses "hire and fire" soll dem Aufsichtsrat einer AG nicht möglich sein.[8] Auf der anderen Seite gestattet das AktG den Widerruf der Bestellung (Abberufung) bei bloßem Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist, wobei das Gesetz in § 84 Abs. 4 S. 4 AktG anordnet, dass der Widerruf wirksam ist, bis seine Unwirksamkeit rechtskräftig – also in der Praxis nach mehrjährigem Rechtsstreit – festgestellt ist. Um dem Vorstand nicht zeitgleich auch noch seinen Dienstvertrag "zu nehmen", bestimmt § 84 Abs. 4 S. 5 AktG daher, dass für die (vertraglichen) Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis die allgemeinen Vorschriften gelten, was insbesondere bedeutet, dass die aktienrechtlich anzuerkennenden wichtigen Gründe nicht automatisch wichtige Gründe i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Dies bedeutet aus Sicht der AG eben auch, dass der Anstellungsvertrag gesondert gekündigt werden muss.[9]

Die Möglichkeit zum Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund nach § 84 Abs. 4 AktG durch den Aufsichtsrat besteht auch in den von § 84 Abs. 3 AktG genannten Fällen, beispielsweise also bei einer Schwangerschaft, wenn das Vorstandsmitglied sein Recht auf zeitweisen Widerruf nicht ausgeübt hat. Zumindest dann, wenn der wichtige Grund aus einem der in § 84 Abs. 3 AktG genannten Fälle resulti...

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