Rz. 90

Ist § 1371 Abs. 1 BGB auch anwendbar, wenn der Erblasser nach ausländischem Recht beerbt wird?[141] Kommt es zu einem güterrechtlichen Ausgleich, wenn deutsches Erb- und ausländisches Güterrecht zur Anwendung gelangt?

Zunächst ist zu klären, wie diese Vorschrift einzuordnen ist. Die wohl überwiegende Meinung – zumindest in der Rechtsprechung – qualifiziert § 1371 Abs. 1 BGB güterrechtlich: Der Zugewinn ist nach dem Güterrechtsstatut zu beurteilen. Dies gilt auch dann, wenn der Zugewinnausgleich pauschaliert durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils erfolgt, wie nach § 1371 BGB, jedenfalls dann, wenn deutsches Recht als Erbstatut maßgebend ist.[142]

 

Rz. 91

In Fällen eines ausländischen Güterstatuts kann ein erbrechtlicher Zugewinnausgleich auch bei deutschem Erbstatut nicht stattfinden.

 

Rz. 92

Im umgekehrten Fall, ausländisches Erbstatut und deutsches Güterrecht, hat die h.M. einen pauschalierten Zugewinnausgleich zugelassen und soweit es zu Widersprüchen kommt, diese im Wege der Angleichung gelöst:

So BGH, Beschl. v. 13.5.2015 – IV ZB 30/14, NJW 2015, 2185

Der pauschale Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB ist im Sinne der Artikel 15, 25 EGBGB rein güterrechtlich zu qualifizieren.

Vgl. auch OLG Schleswig ZErb 2013, 280 = NJW 2014, 88

Zitat

§ 1371 Abs. 1 BGB ist zugunsten der überlebenden Ehefrau anzuwenden, wenn im Erbfall österreichisches Erbstatut und deutsches Güterrechtsstatut gelten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 1371 Abs. 1 BGB international privatrechtlich als güterrechtliche Norm zu qualifizieren ist.

Die Anwendung von § 1371 Abs. 1 BGB steht nicht im Widerspruch zur erbrechtlichen Quote für den überlebenden Ehegatten von 1/3 nach § 757 ABGB AUT, denn diese Norm des österreichischen gesetzlichen Erbrechts will nicht auch die Abwicklung der güterrechtlichen Beteiligung des überlebenden Ehegatten regeln. Durch Angleichung ist allerdings dafür zu sorgen, dass dem überlebenden Ehegatten nur das zukommt, was ihm nach jedem Recht höchstens zusteht.

a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.3.2005 – 8 W 96/04, NJW 2005, 2164

Die güterrechtliche Einordnung des Zugewinnausgleichs rechtfertige es aber nicht, den Zugewinn als Erbquote auch dann zu verwirklichen, wenn sich das Erbstatut nach ausländischem Recht richtet und dieses – wie das hier anzuwendende österreichische Recht – eine solche Erbquote nicht kennt.

OLG Frankfurt Beschl. v. 12.11.2013 – 21 W 17/13; ZEV 2014, 496

Bei deutschem Güterrechtsstatut und griechischem Erbstatut findet der pauschalierte Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 BGB Anwendung.

OLG Köln ZErb 2014, 173 = NJW 2014, 2290

Das türkische Internationale Privatrecht (Art. 15 Abs. 2 IPRG) führt nicht zu einer Erhöhung der Erbquote des Ehegatten über eine Anwendung des § 1371 Abs. 1 BGB.

[141] Grundlegend zum Meinungsstreit Clausnitzer/Schotten, MittRhNotK 1987, 15 ff.; Horn, Das deutsche Zugewinnausgleichsviertel im internationalen Erbrecht, ZEV 2008, 417.

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