aa) Auskunftserteilung nach Rechtshängigkeit

 

Rz. 239

Strittig und von den Gerichten unterschiedlich beantwortet wird die Frage, wie der Kläger zu verfahren hat, wenn der Beklagte die in der ersten Stufe geforderte Auskunft erst nach Erhebung der Stufenklage erteilt hat. Hierbei stellt sich insbesondere die Frage, ob der Kläger danach den Rechtsstreit hinsichtlich des in der ersten Stufe gestellten Auskunftsanspruchs nach § 91a ZPO für erledigt erklären kann bzw. muss. Sowohl das OLG Düsseldorf[382] als auch das OLG Koblenz[383] gehen davon aus, dass in einem solchen Fall für ein Feststellungsurteil kein Raum ist. Bei einem in der ersten Stufe geltend gemachten Auskunftsanspruch handelt es sich um einen Hilfsanspruch für das spätere Zahlungsbegehren, auf welches der Kläger ohne Rücknahme oder Verzicht übergehen kann.[384] Der BGH vertritt dagegen die Auffassung, dass dem Kläger ein Feststellungsinteresse bezüglich der Erledigung des Rechtsstreits auf der ersten Stufe zuzusprechen ist.[385]

[382] OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 839.
[383] OLG Koblenz NJW 1963, 912.
[384] OLG Koblenz NJW 1963, 912.
[385] BGH NJW 1991, 1893; OLG München FamRZ 1993, 454; OLG Frankfurt MDR 1989, 1108.

bb) Rechtskraftwirkung des Teilurteils

 

Rz. 240

Die Rechtskraftwirkung des in der jeweiligen Stufe ergehenden Teilurteils ist grundsätzlich unterschiedlich zu betrachten. Wurde der Beklagte in der ersten Stufe zur Auskunft verurteilt, z.B. weil der Kläger seine Pflichtteilsberechtigung nachweisen konnte, dann kann der Beklagte in der zweiten Stufe, bei der es sich um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung handelt, nicht die Einwendung erheben, dass der Kläger gar nicht pflichtteilsberechtigt sei. In der zweiten Stufe über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geht es dann nur noch um die Frage, ob der Beklagte die Auskunft sorgfältig erteilt hat. Einwendungen gegen den Auskunftsanspruch an sich sind hier nicht mehr zulässig.[386]

 

Rz. 241

Anders ist dies jedoch, wenn sich das Verfahren in der letzten Stufe, nämlich dem Leistungsantrag, befindet. Hier kann der Beklagte wiederum Einwendungen dahingehend erheben, dass der Kläger seine Pflichtteilsberechtigung nicht nachgewiesen hat.[387] Das in der ersten Stufe zuvor ergangene Teilurteil bezüglich der Auskunftserteilung entfaltet hinsichtlich des Leistungsantrags in diesem Fall keine Rechtskraftwirkung.

[386] BGH WM 1975, 1086.
[387] BGHZ 107, 236; BGHZ 135, 178.

cc) Berufung über das Teilurteil

 

Rz. 242

Über jedes ergangene Teilurteil ist grundsätzlich eine Berufungsfähigkeit gegeben, sofern die sonstigen Berufungsvoraussetzungen vorliegen, insbesondere die Berufungssumme von 600 EUR erreicht wurde. Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsinstanz beschränkt sich grundsätzlich auf das einzelne Teilurteil, da die weiteren Stufen und Ansprüche noch in erster Instanz anhängig sind.[388]

 

Rz. 243

Auch hinsichtlich dieser Frage ist jedoch eine Betrachtung im Einzelfall vorzunehmen. Ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass die Auskunftsklage deshalb unbegründet ist, weil der Beklagte den Auskunftsanspruch bereits erfüllt hat, kann es die Berufung abweisen und den Fortgang des Verfahrens dem erstinstanzlichen Gericht überlassen. Das Berufungsgericht hat aber auch die Möglichkeit, wenn es der Auffassung ist, dass der Auskunftsanspruch deshalb unbegründet ist, weil es dem Kläger an einer Pflichtteilsberechtigung mangelt, letztlich also auch dem Leistungsantrag bereits eine Grundlage fehlt, in einem solchen Fall die Klage insgesamt abweisen.[389] Begründet wird dies damit, dass eine Zurückverweisung bezüglich der übrigen Stufen in diesem Fall nicht prozessökonomisch und deshalb eine reine Formsache wäre.[390]

[389] Zöller/Greger, ZPO, § 254 Rn 14.
[390] BGHZ 94, 268; BGHZ 30, 213.

dd) Kein Leistungsanspruch nach Auskunftserteilung

 

Rz. 244

Der Kläger kann den Auskunftsantrag für erledigt erklären, wenn der Beklagte das Auskunftsbegehren nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfüllt hat.[391] Erklären die Parteien der Stufenklage die Hauptsache nach der Auskunftserteilung übereinstimmend für erledigt, hat das Gericht unabhängig von der Frage, ob tatsächlich ein Fall der Erledigung vorliegt, gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden, wobei es bei der Ausübung seines Ermessens auch das Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs berücksichtigen kann. Stellt sich nach Auskunftserteilung heraus, dass der Pflichtteilsanspruch hinter den bei Einreichung der Klage zum Zweck der vorläufigen Streitwertfestsetzung geäußerten Vorstellungen zurückbleibt, führt das nur dann zu einer anteiligen Kostenbelastung des Klägers, wenn die Wertangabe willkürlich und ohne jedes Maß erfolgt ist.[392] Stellt sich allerdings heraus, dass ein Pflichtteilsanspruch mangels hinreichendem Nachlass nicht besteht und der in der letzten Stufe geltend gemachte Zahlungsanspruch deshalb unbegründet ist, so stellt sich die Frage, wie prozessual zu verfahren ist bzw. wen nunmehr die Kostentragungspflicht trifft. Denn allein durch die Erledigungserklärung kann der Kläger die Kostentragungspflicht hinsichtlich des Zahlungsantrags nicht abwenden.[...

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