Leitsatz (amtlich)

›Hat bei einer Stufenklage das Oberlandesgericht auf die Berufung der beklagten Partei gegen die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges auch die Zahlungsklage teilweise abgewiesen und hebt das Revisionsgericht diese Entscheidung auf, so bedarf es nicht der Zurückverweisung an das Landgericht zur Entscheidung über die Zahlungsklage, weil diese dort anhängig geblieben ist (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 22. Mai 1981 - I ZR 34/79 = NJW 1982, 235 unter II 4; Urteil vom 14. November 1984 - VIII ZR 228/83 = WM 1985, 303 unter I).‹

 

Verfahrensgang

LG Hannover

OLG Celle

 

Tatbestand

Die Klägerin war von August 1986 bis Februar 1992 für die Beklagte als Handelsvertreterin tätig. Sie hat im Wege der Stufenklage die Erteilung eines Buchauszuges für alle Geschäfte begehrt, die die Beklagte in der Zeit vom 1. Januar 1988 bis 27. Februar 1992 mit ihren Produkten für die Kautschuk-, Kunststoff- und Kabelindustrie in der Bundesrepublik Deutschland - mit Ausnahme von fünf namentlich bezeichneten Großkunden - getätigt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, nach dem Handelsvertretervertrag sei sie Bezirksvertreterin der Beklagten für das gesamte damalige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat ferner behauptet, alle von der Klägerin vermittelten Geschäfte seien entsprechend den Vereinbarungen der Parteien ordnungsgemäß abgerechnet worden.

Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zur Erteilung eines Buchauszuges für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 27. Februar 1992 verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges auf solche Geschäfte beschränkt, die die Beklagte in der Zeit vom 1. September 1989 bis 27. Februar 1992 getätigt hat, soweit diese Geschäfte auf eine Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen oder mit Kunden abgeschlossen worden sind, die die Klägerin für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Im übrigen hat es die Auskunfts- und die Zahlungsklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Soweit die Klägerin Ansprüche auf Bezirksvertreterprovision weiter verfolgt, hat der erkennende Senat die Annahme der Revision abgelehnt. Im Anschluß daran hat die Klägerin ihr Revisionsbegehren darauf beschränkt, die Beklagte auch für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. August 1989 zur Erteilung eines Buchauszuges hinsichtlich solcher Geschäfte zu verurteilen, die auf eine Tätigkeit der Klägerin zurückzuführen oder mit von ihr geworbenen Kunden abgeschlossen worden sind. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat im Umfang der Teilannahme Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin auf Auskunft und Provision für von ihr vermittelte Geschäfte aus der Zeit bis einschließlich August 1989 mit der Begründung verneint, die Klägerin habe mit Schreiben vom 29. Januar 1990 der Beklagten ausdrücklich bestätigt, daß ihr für die Zeit bis einschließlich August 1989 hinreichende Provisionsabrechnungen erteilt worden seien.

II. Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Dem Schreiben vom 29. Januar 1990 ist schon nicht zu entnehmen, daß die Klägerin die ihr bis einschließlich August 1989 erteilten Provisionsabrechnungen als "hinreichende Abrechnungen" anerkannt hätte.

2. Überdies verkennt das Berufungsgericht, daß selbst die Erteilung hinreichender Provisionsabrechnungen den Unternehmer nicht von der Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszuges befreit. Der Buchauszug reicht inhaltlich weiter als die Abrechnung und soll dem Vertreter deren Kontrolle ermöglichen. Provisionsabrechnungen vermögen ihn nur dann zu ersetzen, wenn sie sich über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten (z.B. Hopt, Handelsvertreterrecht, § 87 c Rdnr. 13 bis 15; Küstner/von Manteuffel, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, 2. Aufl., Rdnrn. 1444 ff, je m.w.Nachw.). Die Beklagte hat nicht behauptet, der Klägerin Provisionsabrechnungen dieses Inhalts erteilt zu haben.

3. Da der Klägerin mithin der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges hinsichtlich der im Tenor des Berufungsurteils näher beschriebenen Geschäfte auch für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. August 1989 zusteht, kann die Abweisung der Zahlungsklage für diesen Zeitraum gleichfalls keinen Bestand haben. Denn ob der Klägerin für Geschäfte aus der Zeit vor dem 1. September 1989 noch Provision zusteht, wird erst der von der Beklagten für diesen Zeitraum zu erteilende Buchauszug ergeben.

III. Das Berufungsurteil war daher in dem vorbezeichneten Umfang aufzuheben. Hinsichtlich des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszuges bedarf es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen, so daß der Senat in der Sache selbst entscheiden konnte. Über die Zahlungsklage wird, soweit sie nach rechtskräftiger Teilabweisung noch anhängig ist, das Landgericht zu entscheiden haben. Einer Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht entsprechend § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bedarf es hierzu - anders als im Falle der vollständigen Abweisung einer Stufenklage durch das Erstgericht (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Mai 1981 - I ZR 34/79 = NJW 1982, 235 unter II 4; Urteil vom 14. November 1984 - VIII ZR 228/83 = WM 1985, 303 = NJW 1985, 862 unter I, je m.w.Nachw.; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 538 Rdnr. 20 m.w.Nachw.) - nicht, denn die Zahlungsklage ist, soweit sie nicht abgewiesen worden ist, weiterhin in erster Instanz anhängig.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Sie trägt dem Umstand Rechnung, daß die Rechtsmittel der Klägerin zum weit überwiegenden Teil - die Klägerin hat sich vermeintlicher Ansprüche auf Bezirksvertreterprovision in Höhe von mehr als 170.000 DM berühmt - erfolglos geblieben sind. Da die Zahlungsklage ungeachtet der Beschränkung der erstinstanzlichen Entscheidung auf die Auskunftsstufe Gegenstand des Berufungs- und des Revisionsverfahrens war, soweit sie zusammen mit dem Auskunftsanspruch abgewiesen worden ist, kann sie entgegen der Auffassung der Revision weder bei der Kostenentscheidung noch bei der Streitwertbemessung für die Rechtsmittelzüge unberücksichtigt bleiben. Dies entspricht auch der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluß vom 12. März 1992 - I ZR 296/91 = MDR 1992, 1091, 1092 = BGHR ZPO § 254 Berufungsverfahren 3).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993341

NJW 1995, 2229

DRsp IV(413)231Nr. 2a (Ls)

WM 1995, 1774

MDR 1995, 1163

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