Rz. 60

Höchst problematisch ist in der praktischen Anwendung und im Verständnis das sog. erweiterte Kürzungsrecht nach § 2318 Abs. 3 BGB. Dem reinen Wortlaut nach liest sich die Vorschrift so, dass der pflichtteilsberechtigte Erbe Vermächtnisse und Auflagen soweit kürzen kann, dass ihm sein eigener Pflichtteilsanspruch verbleibt. Allerdings ist zu beachten, dass dies nur in Ansehung einer weiteren Pflichtteilslast ("wegen der Pflichtteilslast") gilt. Beeinträchtigt daher nur das Vermächtnis selbst den Pflichtteil des Erben, greift nach h.M. das erweiterte Kürzungsrecht des § 2318 Abs. 3 BGB nicht ein.[101] In einem solchen Fall ist der Erbe nach § 2306 Abs. 1 BGB vielmehr angehalten, den Erbteil auszuschlagen, um seinen Pflichtteilsanspruch in voller Höhe geltend machen zu können. Tut er dies nicht, hat er auch auf Kosten seines eigenen Pflichtteils den Vermächtnisanspruch voll zu erfüllen.[102]

 

Rz. 61

 

Praxishinweis

Strittig ist in diesem Zusammenhang auch, ob ein eventueller bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch nach § 813 Abs. 1 S. 1 BGB des Erben höchstpersönlicher Natur ist oder ob dieser abgetreten werden kann. Während Frank[103] davon ausgeht, dass im Rahmen des § 2318 Abs. 3 BGB der bereicherungsrechtliche Anspruch ebenso wie im Rahmen des § 2318 Abs. 1 BGB abtretbar ist, geht das OLG Frankfurt davon aus, dass es sich beim Kondiktionsanspruch nach § 2318 Abs. 3 BGB um einen nicht abtretbaren "personenbezogenen Billigkeitsanspruch" handelt.[104]

[101] BGH FamRZ 1989, 1023.
[102] BGHZ 95, 222.
[103] MüKo-BGB/Lange, § 2318 Rn 8; Staudinger/Otte, § 2318 Rn 4.
[104] OLG Frankfurt FamRZ 1991, 238.

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