Rz. 121

Es kommt vor, dass das Gericht dem Kläger Verfahrenskostenhilfe nur für einen Teil des Anspruchs[148] bewilligt, weil die Erfolgsaussicht für den übersteigenden Teil verneint wird. Es kommt weiter vor, dass in diesen Fällen der Mandant darauf besteht, auf eigenes Kostenrisiko das Verfahren in voller Höhe durchzuführen. Das Gleiche gilt, wenn dem Antragsgegner zur Verteidigung nur gegen einen Teil des Klageanspruchs die Verfahrenskostenhilfe bewilligt wird und er sich gleichwohl gegen den ganzen Anspruch verteidigen möchte. Fälle der Teilverfahrenskostenhilfe sind auch gegeben, wenn bereits Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist und die Klageforderung erhöht wird oder wenn neue Verbundsachen rechtshängig gemacht werden und der Mandant weitere Unterlagen, die das Gericht zur Erstreckung der bereits bewilligten Verfahrenskostenhilfe fordert, nicht oder nicht rechtzeitig beibringt (oder wenn der Anwalt den Antrag auf Erstreckung der Verfahrenskostenhilfe vergisst – dann kann er aber keine Gebühr für den vergessenen Teil fordern!).

 

Rz. 122

 

Beispiel

Der Mandant möchte Verfahrenskostenhilfe für eine Klage über 15.000,00 EUR, bekommt sie aber nur über 6.000,00 EUR bewilligt und prozessiert über 9.000,00 EUR auf eigene Rechnung, im Übrigen in Verfahrenskostenhilfe.

Der Anwalt erhält von der Staatskasse:

 
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 6.000,00 EUR)  
gem. Tabelle zu § 49 RVG, Nr. 3100 VV RVG 347,10 EUR
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG  
(Wert: 6.000,00 EUR)  
gem. Tabelle zu § 49 RVG, Nr. 3104 VV RVG 320,40 EUR
  667,50 EUR

Der Anwalt erhält vom Mandanten:

 
1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG    
(Wert: 15.000,00 EUR)    
gem. Tabelle zu § 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG 845,00 EUR  
1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG    
(Wert: 15.000,00 EUR)    
gem. Tabelle zu § 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG 780,00 EUR  
  1.625,00 EUR 1.625,00 EUR
abzgl. 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG  
(Wert: 6.000,00 EUR)    
gem. Tabelle zu § 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG – 460,20 EUR  
abzgl. 1,2 Terminsgebühr Nr. 3104 VV RVG    
(Wert: 6.000,00 EUR)    
gem. Tabelle zu § 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG – 424,80 EUR  
  = 885,00 EUR – 885,00 EUR
Der Mandant bezahlt noch:[149]   740,00 EUR

Der Anwalt erhält insgesamt 667,50 EUR (von der Staatskasse) und 740,00 EUR (vom Mandanten), insgesamt 1.407,50 EUR.

Hat dieser Mandant auf die Kosten, die von der Staatskasse nicht gedeckt sind, einen Vorschuss geleistet, ist dieser Vorschuss zunächst auf die von der Staatskasse nicht gedeckten Gebühren (740,00 EUR), sodann auf die Differenz zwischen den VKH-Gebühren und den vollen Gebühren aus dem Verfahrenswert von 6.000,00 EUR zu verrechnen (885,00 EUR abzgl. 667,50 EUR = 217,50 EUR).

[148] Ausführlich Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 48 RVG Rn 63, VV 3335 Rn 69 ff. und AnwK-RVG/Fölsch/Schafhausen/N. Schneider/Thiel, § 48 RVG Rn 105 f.
[149] Im Ergebnis so auch OLG Düsseldorf JurBüro 2005, 321 (noch zur BRAGO) m.w.N.; nach anderer Meinung sind die Vergütung aus der Staatskasse einerseits, Vergütung aus dem Teil, für den keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, im Reichenrecht andererseits zusammenzuzählen und ggfs. gem. § 15 Abs. 3 RVG eine Kürzung vorzunehmen; vgl. ausführlich zum bisherigen Rechtszustand, an dem sich insoweit nichts geändert hat, Enders, JurBüro 1995, 169, 172; Hansens, JurBüro 1988, 145, 146; AnwK-RVG/Mock/Fölsch, VV 3335 Rn 20 ff.

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