Rz. 68

Ein Wahlvermächtnis kann nach § 2154 BGB gewährt werden, wenn der Bedachte[93] von mehreren Gegenständen nur den einen oder anderen erhalten soll. Neben § 2154 BGB finden hier die Vorschriften über die Wahlschuld in §§ 262265 BGB ergänzend Anwendung.[94] § 2154 BGB ist nach h.M. auch auf Fälle anwendbar, in denen der Erblasser zwar nur einen bestimmten Gegenstand zuwenden wollte, diesen jedoch so unklar bezeichnet hat, dass die Bezeichnung auf mehrere sich im Nachlass befindliche Gegenstände zutrifft.[95]

Das Wahlvermächtnis bietet sich z.B. an, wenn der Erblasser dem Bedachten die Auswahl des Gegenstandes aus dem Nachlass selbst überlassen will. § 2154 BGB beinhaltet somit ebenfalls eine weitere Auflockerung des Grundsatzes des § 2065 BGB. So wie der Erblasser die Bestimmung der Person des Vermächtnisnehmers unter den Voraussetzungen des § 2151 BGB einem Dritten überlassen kann, ist es gemäß § 2154 BGB möglich, den konkreten Vermächtnisgegenstand dem Bestimmungsrecht eines Dritten[96] oder dem Vermächtnisnehmer selbst zu überlassen.[97] Der Erblasser muss lediglich die Gegenstände bezeichnen, aus denen die Auswahl getroffen werden soll.[98] Ist der Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, gilt zusätzlich § 2155 BGB.

 

Rz. 69

Muster 14.12: Wahlweise Zuwendung von Gegenständen

 

Muster 14.12: Wahlweise Zuwendung von Gegenständen

Im Wege des Vermächtnisses erhält _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, derzeit wohnhaft _________________________ Str. _________________________ in _________________________, diejenige meiner Eigentumswohnungen in _________________________, welche er sich nach Eintritt des Erbfalls aus dem Nachlass auswählt. Der Vermächtnisnehmer hat die Auswahl innerhalb von einem Jahr nach Eintritt des Erbfalls zu treffen. Hat er bis zu diesem Zeitpunkt keine Auswahl getroffen, dann geht das Bestimmungsrecht auf die Erben über. Die Kosten der Vermächtniserfüllung tragen die Erben. Fällt der Vermächtnisnehmer vor oder nach Eintritt des Erbfalls weg, so wird ein Ersatzvermächtnisnehmer entgegen jeder anderslautenden gesetzlichen oder richterlichen Auslegungs- und Vermutungsregel nicht benannt.

 

Praxishinweis

Da bei einem Wahlvermächtnis der jeweilige Anspruch bereits am Todestag dem Grunde nach entstanden hat, ist für die Bemessung der Erbschaftsteuer der Wert des ausgewählten Gegenstandes maßgebend.[99]

[93] MüKo/Rudy, § 2154 Rn 3; J. Mayer, MittBayNot 1999, 450; Damrau/Tanck/Linnartz, § 2154 Rn 7.
[94] BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 2154 Rn 1; Soergel/Wolf, § 2154 Rn 1.
[95] MüKo/Rudy, § 2154 Rn 2; BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 2154 Rn 3; Staudinger/Otte [2017], § 2154 Rn 10.
[96] Nieder/Kössinger, HdB Testamentsgestaltung, § 9 Rn 57.
[97] MüKo/Rudy, § 2154 Rn 1.
[98] MüKo/Rudy, § 2154 Rn 1.
[99] BFH, Urt. v. 6.6.2001 – II R 14/00, BStBl II 2001, 725; Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rn 176.

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