Rz. 18

Der Beschäftigte muss dem Arbeitgeber die Pflegebedürftigkeit seines nahen Angehörigen durch Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachweisen; bei privat pflegeversicherten Pflegebedürftigen ist ein vergleichbarer Nachweis zu erbringen, § 3 Abs. 2, ggf. i.V.m. § 3 Abs. 5 S. 3 PflegeZG. Nimmt der Beschäftigte Pflegezeit zur Sterbebegleitung in Anspruch, so ist statt eines Pflegebedürftigkeitsnachweises ein ärztliches Zeugnis über die progrediente Erkrankung im Endstadium beizubringen, § 3 Abs. 6 S. 2 PflegeZG.

 

Rz. 19

Das Gesetz nennt keinen Zeitpunkt, in dem der jeweilige Nachweis erbracht werden muss. Daraus wird allgemein gefolgert, dass der Nachweis zum Zeitpunkt der Ankündigung und auch zum Zeitpunkt des Beginns der Pflegezeit noch nicht vorliegen muss.[11] Letztlich hat der Beschäftigte die Pflegezeit zu Recht in Anspruch genommen, wenn er die Pflegebedürftigkeit bzw. die progrediente Erkrankung belegen kann; auf den Zeitpunkt des Nachweises kann es nicht ankommen.[12] Allerdings läuft der Beschäftigte Gefahr, der Arbeit zu Unrecht ferngeblieben zu sein, wenn die zuständige Stelle das Attest über die Pflegebedürftigkeit bzw. die progrediente Erkrankung am Ende nicht erteilt. Dies kann kündigungsrechtliche Folgen, ggf. aber auch Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers nach sich ziehen.[13] Zudem dürfte der Sonderkündigungsschutz nach § 5 PflegeZG[14] in einem solchen Fall von Anfang an nicht bestanden haben, so dass eine etwa in diesem Zeitraum vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung rechtswirksam wäre.

 

Rz. 20

Der pflegewillige Beschäftigte wird also in der Regel ein großes Interesse daran haben, sich rechtzeitig um ein entsprechendes Attest zu bemühen, wenn dieses nicht ohnehin bereits vorliegt – wie es bei einem seit längerem pflegebedürftigen Menschen oftmals der Fall sein wird. Immerhin kommt ihm das Sozialrecht insoweit entgegen: Will ein Angehöriger Pflegezeit nehmen, ist die Begutachtung des potentiell pflegebedürftigen Menschen nach § 18 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 und S. 4 SGB XI unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags vorzunehmen, sofern sich der Betroffene im Krankenhaus, in einer stationären Rehabilitationseinrichtung oder in einem Hospiz befindet oder wenn er ambulant palliativ versorgt wird. Befindet er sich ohne Palliativversorgung in häuslicher Umgebung, so beträgt die Frist zwei Wochen, § 18 Abs. 3 S. 5 SGB XI.

[11] Müller BB 2014, 3125, 3128.
[12] Der Arbeitgeber benötigt den Nachweis auch nicht als Grundlage für eine Entscheidung über die Pflegezeit seines Beschäftigten, weil es einer solchen Entscheidung überhaupt nicht bedarf, sondern der Beschäftigte die Pflegezeit – nicht allerdings die Pflegeteilzeit – kraft einseitigen Gestaltungsrechts in Anspruch nehmen kann. Dazu unten Rdn 40.
[13] Müller BB 2014, 3125, 3128.
[14] Dazu noch unten Rdn 59 f.

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