Rz. 93

Verstirbt im Laufe des Rechtsstreits eine Partei und führt der Erbe oder führen die Erben den Prozess weiter, so wird kein neuer Auftrag erteilt. Der Anwaltsvertrag setzt sich vielmehr mit dem, bzw. den Erben fort. Ab dem Erbfall, ist/sind Auftraggeber des Rechtsanwalts der Erbe/die Erben, ohne dass der Auftrag durch diese(n) erneuert werden muss.[35]

 

Rz. 94

Es handelt sich insoweit aber immer noch um dieselbe Angelegenheit, sodass die Gebühren insgesamt nur einmal entstehen (§ 15 Abs. 2 RVG).

 

Rz. 95

Soweit der Anwalt mehrere Erben vertritt, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV. Das ist einhellige Auffassung. Die Erbengemeinschaft hat – im Gegensatz zur GbR und WEG – keine eigene Rechtspersönlichkeit. Auf eine eventuelle Mehrarbeit durch die Vielzahl der Auftraggeber kommt es nicht an.[36]

 

Rz. 96

Strittig ist insoweit allerdings, ob der Erblasser neben den Erben als weiterer Auftraggeber mitgezählt wird. Nach einhelliger Rspr.[37] ist der Erblasser mitzuzählen. Die Rspr. bejaht eine Auftraggebermehrheit unter Hinzurechnung des Erblassers und behandelt diesen Fall wie einen Parteiwechsel, bei dem nach der Rspr. eine Auftraggebermehrheit vorliegt (siehe Rdn 88 ff.).

 

Beispiel 57: Eintritt eines Erben in den Rechtsstreit

Nach Klageerhebung stirbt der Kläger und wird von seinem einzigen Sohn als Alleinerben beerbt. Dieser erteilt dem Anwalt den Auftrag, den Rechtsstreit fortzuführen.

Nach h.M. ist dieser Fall wie ein Parteiwechsel zu behandeln, mit der Folge, dass sich die Verfahrensgebühr um 0,3 auf 1,6 erhöht.

 

Rz. 97

 

Beispiel 58: Eintritt mehrerer Erben in den Rechtsstreit

Der Anwalt hatte in einem Rechtsstreit über 10.000,00 EUR zunächst den Erblasser vertreten. Im Verlaufe des Verfahrens ist dieser verstorben und von seinen vier Kindern beerbt worden.

Dadurch, dass jetzt die vier Kinder als Erben in das Verfahren eingetreten sind, ist nach der h.M. eine Erhöhung von (4 x 0,3 =) 1,2 vorzunehmen. Damit erhöht sich im Beispiel die 1,3-Verfahrensgebühr auf 2,5, sodass wie folgt zu rechnen ist:

 
1. 2,5-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV   1.535,00 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   736,80 EUR
  (Wert: 10.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 2.291,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   435,44 EUR
Gesamt   2.727,24 EUR
[35] OLG Köln AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2014, 362.
[36] OLG Köln AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2014, 362.
[37] LG Karlsruhe AGS 2019, 265; LG Aachen ErbR 2018, 17; OLG Köln AGS 2014, 451 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2014, 362; AG Hannover AGS 2018, 8 = NJW-Spezial 2017, 765; zur vergleichbaren Lage in sozialrechtlichen Verfahren: SG Fulda AGS 2013, 398 = NJW-Spezial 2013, 636; OLG Brandenburg AGS 2008, 21 = JurBüro 2007, 524; ebenso Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Nr. 1008 VV Rn 80 ff.

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