Rz. 243

Der Generalübernehmer übernimmt es gegenüber dem Bauherrn, die Bauleistungen komplett zu erbringen. Im Gegensatz zum Generalunternehmer führt der Generalübernehmer keine Bauleistungen selbst aus, sondern vergibt diese vollständig an Dritte, zumeist an einen Generalunternehmer. Die Funktion des Generalübernehmers besteht ausschließlich im Projektmanagement der Bauleistungen. Dieses Projektmanagement enthält Aufgaben sowohl von der Bauherrenseite, z.B. Abschluss der Bauverträge, als auch aus dem Bereich der Architekten und Ingenieure, soweit es z.B. um die Ausführungsplanung, Koordination und Überwachung der Bauleistung geht. Die Architekten- und Ingenieurleistungen sind ebenfalls im Generalübernehmervertrag enthalten, wenn auch nicht vollständig. Meist basieren diese auf einer Entwurfsplanung, die der Bauherr dem Generalübernehmer als Vertragsgrundlage zur Verfügung stellt. Ab diesem Stadium erbringt der Generalübernehmer durch Einschaltung eines Generalplaners die dann noch erforderlichen kompletten Architekten- und Ingenieurleistungen. Der Generalübernehmervertrag ist ein Bauvertrag nach §§ 650a ff. BGB.

 

Rz. 244

Der Generalübernehmer verpflichtet sich, das zu erstellende Objekt schlüsselfertig zu errichten. Der Begriff "schlüsselfertig" ist weder im Gesetz noch in der VOB/B definiert. Der mit der schlüsselfertigen Errichtung beauftragte Generalübernehmer schuldet ein funktionstaugliches Bauwerk. Die schlüsselfertig zu erbringende Leistung basiert meistens auf einer funktionalen Ausschreibung, sodass es ein Leistungsverzeichnis mit einzelnen Leistungen und Mengen von Seiten des Auftraggebers nicht gibt. Abgerundet wird dies vertraglich meist durch Komplettheitsklauseln. Entsprechend wird der Generalübernehmervertrag als Pauschalvertrag abgeschlossen. Dies bedeutet, dass der Generalübernehmer alle Leistungen zur schlüsselfertigen und funktionsfähigen Errichtung des Bauwerkes schuldet, die im Vertrag enthalten sind. Werden nach Vertragsabschluss Änderungen oder zusätzliche Leistungen vom Auftraggeber gefordert, sind diese auch beim Generalübernehmervertrag als Pauschalvertrag zusätzlich zu vergüten.

 

Rz. 245

Die vom Generalübernehmer geschuldeten Architekten- und Ingenieurleistungen ergeben sich aus dem mit dem Auftraggeber geschlossenen Generalübernehmervertrag und nicht der aus Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Der Generalübernehmer kann die von ihm zu erbringenden Architekten- und Ingenieurleistungen nicht nach der HOAI abrechnen. Die HOAI ist ein unverbindliches Preisrecht und gilt für Honorare für Ingenieur- und Architektenleistungen, § 1 HOAI.[34] Die Bestimmungen der HOAI, insbesondere die Beschreibung der wichtigsten Leistungsbilder (Anlagen 10 bis 15 zur HOAI), gehen ersichtlich nur von Auftragnehmern aus, die mit den dort beschriebenen Architekten- und Ingenieuraufgaben betraut sind. Daraus folgt, dass die HOAI auf solche Anbieter, die neben oder zusammen mit Bauleistungen auch Architekten- und Ingenieurleistungen zu erbringen haben, nicht anwendbar ist. Dies gilt insbesondere für Bauträger und andere Anbieter kompletter Bauleistungen, welche die dazu erforderlichen Ingenieur- und Architektenleistungen einschließen. Der Generalübernehmer ist somit unabhängig von der HOAI bei der Kalkulation der Kosten für die Erbringung der Architekten- und Ingenieurleistungen, die er in den Pauschalpreis einkalkulieren muss. Wenn der Generalübernehmer seinerseits separat Architekten- und Ingenieurleistungen in Auftrag gibt, kann er die HOAI zugrunde legen.

[34] Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) v. 10.7.2013 (BGBl I, 2276) in der Fassung v. 2.12.2020, BGBl I, 2636 v. 7.12.2020.

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