Rz. 4

Der gesetzliche WBA nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG setzt voraus, dass eine ordentliche Arbeitgeberkündigung ausgesprochen wurde, der Betriebsrat frist- und formgerecht Widerspruch erhoben hat und das Arbeitsverhältnis unter das KSchG fällt. Ferner ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG Kündigungsschutzklage erhoben hat, dabei geltend macht, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, und seine Weiterbeschäftigung gegenüber dem Arbeitgeber verlangt.

1. Kündigung des Arbeitgebers

 

Rz. 5

Der gesetzliche WBA besteht nur bei einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung des Arbeitsverhältnisses. Kündigt der Arbeitgeber einem tariflich oder vertraglich unkündbaren Arbeitnehmer außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist, dann ist für Widerspruch und den WBA nach der Rspr. des BAG § 102 Abs. 3, 5 BetrVG entsprechend anzuwenden.[1] Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB, dann scheidet der Anspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG auch dann aus, wenn vorsorglich zugleich eine ordentliche Kündigung erklärt wird.[2] Anders ist nur dann zu entscheiden, wenn der Arbeitgeber die außerordentliche Kündigung "zurücknimmt", deren Unwirksamkeit durch Teilurteil rechtskräftig festgestellt wird oder durch eine gerichtliche Entscheidung die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung festgestellt wird oder die ausgesprochene außerordentliche Kündigung offensichtlich i.S.d. Rspr. des BAG unwirksam ist.[3]

 

Rz. 6

Bei einer Änderungskündigung ist hinsichtlich des WBA zu differenzieren. Wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht fristgerecht annimmt, handelt es sich bei der Änderungskündigung um eine Beendigungskündigung, so dass bei Vorliegen der übrigen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ein WBA besteht.[4] Wenn der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers unter dem Vorbehalt gem. § 2 KSchG annimmt, besteht ein WBA jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitnehmer zu den geänderten Arbeitsbedingungen tätig wird.[5] Anders ist zu entscheiden, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu den geänderten Bedingungen nicht beschäftigen kann, weil der Betriebsrat der mit einer Änderungskündigung oftmals verbundenen Versetzung (§ 95 Abs. 3 BetrVG) gem. § 99 Abs. 1 BetrVG seine Zustimmung verweigert hat, diese noch nicht ersetzt ist und der Arbeitgeber nicht über § 100 Abs. 1 BetrVG vorgeht. In diesem Fall kommt ein WBA auch bei Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt in Betracht.[6] Kommt es im weiteren Verlauf zu einer nachträglichen Erteilung der Zustimmung bzw. zur Ersetzung derselben, dann entfällt der WBA.

[1] BAG v. 5.2.1998, AP Nr. 143 zu § 626 BGB.
[2] LAG Hamm v. 18.5.1982, DB 1982, 1679.
[3] Vgl. Ascheid/Preis/Schmidt/Koch, § 102 BetrVG Rn 186.
[4] Vgl. ErfK/Kania, § 102 BetrVG Rn 32.
[5] BAG v. 18.1.1990, AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969.
[6] Vgl. Ascheid/Preis/Schmidt/Koch, § 102 BetrVG Rn 187.

2. Widerspruch des Betriebsrats

 

Rz. 7

Der WBA nach § 102 Abs. 5 BetrVG setzt voraus, dass der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung frist- und formgerecht widersprochen hat.

3. Erhebung der Kündigungsschutzklage

 

Rz. 8

Voraussetzung des gesetzlichen WBA ist weiterhin, dass neben dem Widerspruch des Betriebsrats der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG erhebt. Der Arbeitnehmer muss also unter den persönlichen Anwendungsbereich des KSchG fallen und mit der Klage geltend machen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist, und die Sozialwidrigkeit rügen. Die Geltendmachung anderer Unwirksamkeitsgründe reicht nicht aus. Dies gilt auch nach der Neufassung des § 4 KSchG unter Erweiterung der Drei-Wochen-Frist auf sonstige Unwirksamkeitsgründe der schriftlichen Kündigung, da der Gesetzgeber § 102 Abs. 3 BetrVG unverändert gelassen hat und der gesetzliche WBA auf den dortigen Widerspruchsgründen basiert. Voraussetzung ist auch, dass der betriebliche Geltungsbereich des KSchG zu bejahen ist. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, ist der gesetzliche WBA zu verneinen. Rügt der Arbeitnehmer die Sozialwidrigkeit nicht innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG, hat der Arbeitnehmer gleichwohl fristgerecht Klage erhoben und holt die Berufung auf die Sozialwidrigkeit über § 6 KSchG Kündigung nach, dann entsteht der WBA erst im Zeitpunkt der Nachholung. Beantragt der Arbeitnehmer die nachträgliche Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage über § 5 KSchG, beginnt der WBA frühestens mit Rechtskraft des entsprechend gewährenden Beschlusses.

4. Verlangen nach Weiterbeschäftigung

 

Rz. 9

Der gesetzliche WBA erfordert ferner, dass der Arbeitnehmer seine Weiterbeschäftigung gegenüber dem Arbeitgeber ausdrücklich verlangt. Die Erhebung der Kündigungsschutzklage allein ist insoweit nicht hinreichend. Ebenfalls reicht es nicht aus, seine Arbeitsleistung anzubieten. Der Arbeitnehmer muss vielmehr gegenüber dem Arbeitgeber erklären, dass er nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Prozesses weiterbeschäftigt werden möchte. Dem Arbeitgeber muss durch das ausdrückliche Weiterbeschäftigungsverlangen die Möglic...

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