Rz. 400

In den übrigen im Bereich des Verkehrsrechts versicherten Leistungsarten wird der Versicherungsfall gem. § 4 Abs. 1 c ARB definiert als Zeitpunkt des (behaupteten) Rechtsverstoßes, den der Versicherungsnehmer oder ein anderer begangen hat oder begangen haben soll. Bereits allein die Behauptung ist entscheidend ohne Rücksicht auf ihre Richtigkeit.

 

Rz. 401

In Betracht kommt ein Handeln gegen eine gesetzliche oder vertragliche Rechtspflicht oder das Unterlassen eines rechtlich gebotenen Tuns. Ein Rechtsverstoß kann schon in der nicht freiwilligen Erfüllung fälliger Ansprüche liegen, ohne dass bereits eine Aufforderung durch den Gläubiger erfolgt sein müsste (OLG Frankfurt VersR 2006, 111).

 

Rz. 402

Auch das ledigliche Bestreiten einer Rechtsposition oder der (unberechtigte) Vorwurf eines Verstoßes durch den Gegner ist bereits als Versicherungsfall denkbar (BGH VersR 1985, 540). Interessant ist insoweit die jüngere Entscheidung des BGH (VersR 2005, 1684), wonach schon die Ankündigung einer ernsthaften Leistungsverweigerung als Verstoß gegen die Leistungstreuepflicht den Versicherungsfall auslösen kann.

 

Rz. 403

Nicht ausreichend ist hingegen die ledigliche Ausübung eines Gestaltungsrechts (z.B. einer Kündigung durch den Gegner), solange kein Vorwurf der Vertragswidrigkeit – z.B. die Unwirksamkeit der Kündigung wegen Fehlens eines Kündigungsgrundes – erhoben werden kann. Der maßgebliche (zumindest behauptete) Rechtsverstoß muss den Versicherungsfall adäquat kausal (mit) ausgelöst haben und bereits den Keim des späteren Streits in sich tragen. Es kommt als maßgeblicher Versicherungsfall – anders als im Schadensersatz-Rechtsschutz – auch ein vorausgegangener eigener Verstoß des Versicherungsnehmers in Betracht.

 

Rz. 404

 

Beispiel

Der Leasinggeber kündigt das Leasingverhältnis des Kfz wegen Zahlungsverzuges. In diesem Fall ist bereits der erste adäquat kausal zur Kündigung führende Zahlungsverzug des Versicherungsnehmers als vom Gegner geltend gemachter Kündigungsgrund als (behaupteter) Rechtsverstoß für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgeblich, nicht erst der Zeitpunkt der (vom Versicherungsnehmer als unberechtigt behaupteten) Kündigung (anders neuerdings BGH VersR 2013, 899; VersR 2014, 742, wonach – wie beim Schadensersatz-Rechtsschutz gem. § 4 Abs. 1 a ARB, vgl. Rn 374 ff. – lediglich der dem Gegner vorgeworfene Verstoß maßgeblich sein soll).

 

Rz. 405

Auch bei der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ist der maßgebliche Zeitpunkt des Versicherungsfalls genau zu prüfen.

 

Hinweis

War die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB – z.B. aufgrund einer Trunkenheitsfahrt oder eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort – entzogen worden, liegt der für den Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebliche Verstoß bereits in der seinerzeitigen Tatbegehung, die zur Entziehung geführt hat, auch wenn es erst bei der Wiedererteilung zum Streit mit der Fahrerlaubnisbehörde (z.B. unberechtigtes Verlangen einer MPU) kommt.

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