Rz. 23

§ 1581 ermöglicht eine Kürzung des zu leistenden Unterhalts in dem Umfang, als dies "mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht".

1. Dreiteilungsmethode als Kürzungsmethode

 

Rz. 24

Vom BGH wurde es nicht beanstandet, diese Kürzung nach der Dreiteilungsmethode vorzunehmen (vgl. Fall 35, siehe § 10 Rdn 30).

Vorhandene Mittel von M, F1 und F2 (der Erwerbstätigenbonus ist auf der Stufe der Leistungsfähigkeit ohne Bedeutung)

M: 3.205 EUR (4000 – 397,50 – 397,50 EUR) nach Abzug Kindesunterhalt

Einkommen F1: 500 EUR

Einkommen F2: 0 EUR

Insgesamt vorhandene Mittel: 3.705 EUR (3.205 + 500 + 0 EUR)

Dreiteilung der vorhandenen Mittel: 3.705 EUR : 3 = 1.235 EUR

Über die Dreiteilung im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1581 würde letztlich der "Bedarf" der F2 deutlich angehoben (von 814 EUR auf 1.235 EUR), obwohl eigentlich nur der Grundsatz der gleichen Teilhabe zwischen M und F1 gewahrt werden soll. Der Unterhaltsanspruch von F1 würde von 1.396 EUR (1.846 – 450 EUR) auf 735 EUR (1.235 – 500 EUR) herabgesetzt.

Zur Begründung dieser Dreiteilung vgl. Fall 35 (siehe § 10 Rdn 1).

Wie auch schon bei Fall 35 (§ 10 Rdn 1) dargestellt, hängt die Auflösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen F1 und F2 im wesentlichen Umfang davon ab, welche Wirkungen dem Gleichrang in finanzieller Hinsicht beigemessen werden.

Während der BGH wohl von einer finanziellen Gleichstellung ausgeht,[1] wird andererseits vertreten, dass zwar einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden, dass dies aber nicht zur wirtschaftlichen Gleichheit ungleicher Sachverhalte führen müsse[2] und die erste und die zweite Frau finanziell nicht gleich ausgestattet werden müssten, also nicht über dieselben finanziellen Mittel verfügen müssten.[3]

[1] Vgl. auch Hoppenz, NJW 2012, 819, 821; Borth, FRP 2012, 137, 141; ders., FamRZ 2012, 253, 257.
[2] Pauling, NJW 2012, 194, 196.
[3] Maurer, FamRZ 2011, 849, 858 f.

2. Kürzung des Unterhaltsanspruchs der F1 ohne Dreiteilung

 

Rz. 25

Der Gesetzesbegründung kann nicht eindeutig entnommen werden, dass der Gesetzgeber eine finanzielle Gleichstellung gleichrangiger Ehefrauen beabsichtigte.[4] Vgl. hierzu auch Fall 35. Siehe § 10 Rdn 1.

Ausgehend von den Vorgaben des BVerfG zur Bedarfsermittlung (vgl. Fall 33, siehe § 9 Rdn 1) kann eine finanzielle Gleichstellung – die letztlich systemwidrig auf der Ebene der Prüfung der Leistungsfähigkeit erfolgen müsste – nicht gerechtfertigt werden.[5] Für jede Ehefrau ist der Bedarf gesondert zu ermitteln – bei der zweiten Ehefrau eben mit der "Hypothek" des Unterhalts für die erste Ehefrau. Wenn danach der eheangemessene Bedarf des M nicht gewahrt ist, kann bei Gleichrang oder Vorrang der zweiten Ehefrau der Unterhalt der ersten Ehefrau nach § 1581 S. 1 entsprechend gekürzt werden. Das dadurch erhöhte Einkommen des M fließt wiederum in die Halbteilung im Verhältnis zwischen M und F2 ein. Nach diesem Schritt hat m.E. keine erneute Prüfung des eheangemessenen Selbstbehalts des M zu erfolgen. Das danach entstehende Ungleichgewicht zwischen M und F1 ist dann die Folge daraus, dass M sich zu einer neuen Ehe entschlossen hat. Der eheangemessene Bedarf des M darf – nach der einmalig durchgeführten Kürzung des Unterhalts der F1 nach § 1581 S. 1 – geringer sein als der Bedarf der F1.[6] Wollte man nach der ersten Kürzung des Unterhalts der F1 und der dadurch bedingten Erhöhung des Resteinkommens von M und der wiederum dadurch bedingten Erhöhung des Bedarfs von F2 den Unterhalt erneut kürzen, so träte man in eine Rechenspirale ein, die rechnerisch zu einer Dreiteilung führen würde. Aber gerade dieses Ergebnis (Dreiteilung) widerspräche m.E. den Vorgaben des BVerfG zur Bedarfsermittlung, weshalb es bei einer einmaligen Kürzung des Unterhalts der F1 zur Wahrung des eheangemessenen Selbstbehalts des M verbleiben sollte.

Ausgangspunkt der Prüfung war, dass der eheangemessene Selbstbehalt des M – im Unterhaltsrechtsverhältnis M/F1 – unterschritten ist. M verblieben nur 995 EUR (4.000 – 814 Bedarf der F2 – 397,50 Kindesunterhalt – 397,50 Kindesunterhalt – 1.396 Unterhalt für F1) während im Verhältnis zu F1 sein Bedarf und der von F1 mit jeweils 1.846 EUR ermittelt wurden. Deshalb hat (einmalig) eine Kürzung des Unterhaltsanspruchs der F1 nach § 1581 S. 1 zu erfolgen.

F1 hat insgesamt 1.896 EUR (1.396 + 500 EUR Eigeneinkommen). M verblieben 995 EUR. Lehnt man also eine Dreiteilung ab, könnte das Gleichgewicht im Verhältnis M/F1 dadurch hergestellt werden, dass die Differenz zwischen M und F1 ausgeglichen wird, so dass M und F1 die gleichen Mittel zur Verfügung haben:

(995 + 1.846) : 2 = 2.841 : 2 = 1.420,50 EUR

Jeder sollte also 1.420 EUR haben.

Somit wäre der Unterhalt von F1 auf 920 EUR zu kürzen (1.420 – 500 EUR Eigeneinkommen).

Wie oben schon ausgeführt, darf sich der dadurch bedingten Erhöhung des Resteinkommens von M und der wiederum dadurch bedingten Erhöhung des Bedarfs von F2 nicht eine erneute Kürzung des Unterhalts der F1 anschließen.

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