Rz. 4

Je nach dem vom Erblasser bestimmten Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers unterscheidet man verschiedene Arten der Testamentsvollstreckung. Soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt hat, hat der Testamentsvollstrecker die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB). Der Testamentsvollstrecker ist dabei grundsätzlich befugt, sich für die Besorgung einzelner Geschäfte eines Vertreters zu bedienen. Auch die Erteilung einer Generalvollmacht ist jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn der Erblasser keine abweichenden Anordnungen getroffen hat und der Generalbevollmächtigte lediglich widerruflich bestellt worden ist.[8] Soweit mehrere Erben vorhanden sind, hat er die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 20422056 BGB zu bewirken. Es handelt sich in einem solchen Fall um eine Abwicklungsvollstreckung. Der Erblasser kann jedoch durch entsprechende Gestaltung seiner letztwilligen Verfügung den Aufgabenkreis über diesen Regelfall der Testamentsvollstreckung auch insoweit erweitern, dass der Testamentsvollstrecker allein oder neben der Aufgabenerledigung die Verwaltung des Nachlasses vorzunehmen hat. Weiterhin sieht das Gesetz noch Sonderformen der Testamentsvollstreckung vor (§§ 2222, 2223 BGB). Folgende gesetzlich vorgesehene Erscheinungsformen der Testamentsvollstreckung sind zu unterscheiden:

1. Abwicklungs-/Auseinandersetzungsvollstreckung

 

Rz. 5

Sie stellt nach dem Gesetz den Regeltypus der Testamentsvollstreckung dar, in deren Rahmen es die Aufgabe des Testamentsvollstreckers ist, durch Ausführung des letzten Willens des Erblassers den Nachlass abzuwickeln (§ 2203 BGB). Die Abwicklungsvollstreckung wird auch als ausführende Vollstreckung oder als Willensvollstreckung, für den Fall des Vorhandenseins mehrerer Erben (§ 2204 BGB) als Auseinandersetzungsvollstreckung bezeichnet.[9] Von diesem Regelfall ist auszugehen, soweit der Erblasser die Testamentsvollstreckung ohne nähere Angaben angeordnet hat,[10] also bspw. bestimmt hat: "Für meinen Nachlass ordne ich Testamentsvollstreckung an." oder "Ein Testamentsvollstrecker soll bestellt werden." oder "Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich …".[11]

 

Rz. 6

Zu den Aufgaben des Testamentsvollstreckers gehören bei Vorliegen des gesetzlichen Regelfalls der Abwicklungsvollstreckung:

1. Ausführung der letztwilligen Anordnungen des Erblassers (Teilungsanordnung, Vermächtnisse, Auflagen), § 2103 BGB
2.

Verwaltung des Nachlasses als mittelbare Ausführungspflicht des Testamentsvollstreckers, einschließlich der Aufgabe zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten.[12] Zur Aufgabenerfüllung wird dem Testamentsvollstrecker durch das Gesetz das Verwaltungsrecht eingeräumt, § 2205 S. 1 BGB, welches durch weitere Vorschriften ergänzt und konkretisiert wird:[13]

Berechtigung, den Nachlass in Besitz zu nehmen, § 2205 S. 2 Hs. 1 BGB
Berechtigung, über Nachlassgegenstände zu verfügen, § 2205 S. 2 Hs. 2 BGB
Berechtigung, Verbindlichkeiten einzugehen, § 2206 BGB
Berechtigung, ein zum Nachlass gehörendes Recht gerichtlich geltend zu machen (Aktivlegitimation für Prozesse), § 2212 BGB
Antragsrecht für das Aufgebotsverfahren zum Zweck der Ausschließung von Nachlassgläubigern, § 991 ZPO
Antragsrecht zur Zwangsversteigerung von zum Nachlass gehörenden Grundstücken, § 175 ZVG[14]
Antragsrecht auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, § 317 InsO
Recht bzw. Pflicht der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses, § 2216 BGB sowie die Herausgabepflicht bzgl. einzelner Nachlassgegenstände nach § 2217 BGB, was jedoch kein Überlassungsrecht des Testamentsvollstreckers begründet[15]
aus dem Verwaltungsrecht resultierende Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach §§ 2218 Abs. 1, 666 BGB
3.

Auseinandersetzung des Nachlasses bei Miterben, § 2204 BGB

Die Auseinandersetzung bei Miterben stellt im Rahmen der Abwicklungsvollstreckung eine zentrale Aufgabe dar. Die Erbauseinandersetzung hat der Testamentsvollstrecker mit tunlicher Beschleunigung durchzuführen.[16] Die Durchführung der Auseinandersetzung erfolgt nach der Maßgabe der §§ 20422056, 2204 BGB, wobei nach § 2048 S. 1 BGB die Anordnungen des Erblassers maßgeblich sind.[17] Nach § 2204 BGB hat der Testamentsvollstrecker die Erben vor der Auseinandersetzung zu hören (zu den Einzelheiten der Auseinandersetzung siehe Rdn 206 ff.).

[9] MüKo/Zimmermann, § 2203 BGB Rn 1.
[10] Grüneberg/Weidlich, § 2203 BGB Rn 1.
[11] Vgl. Formulierungsbeispiel in Tanck/Krug/Süß, AF Testamente, § 17 Rn 9.
[12] MüKo/Zimmermann, § 2203 BGB Rn 10.
[13] Bengel/Reimann, § 1 Rn 64.
[14] Bengel/Reimann, § 5 Rn 478.
[15] Grüneberg/Weidlich, § 2217 BGB Rn 1.
[16] MüKo/Zimmermann, § 2204 BGB Rn 3.
[17] Nach § 2048 S. 2 BGB besteht auch die Möglichkeit, dass der Erblasser den Testamentsvollstrecker zur Auseinandersetzung nach billigem Ermessen beruft und daher der Testamentsvollstrecker einen breiten Ermessensspielraum erhält.

2. Schlichte Verwaltungsvollstreckung

 

Rz. 7

Dem Testamentsvollstrecker ist hier die bloße Verwaltung des Nachlasses...

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