Rz. 212

Wie sich aus § 539 ZPO ergibt, ist ein Versäumnisverfahren sowohl gegen den Berufungskläger als auch den Berufungsbeklagten im Berufungsverfahren möglich.

 

Rz. 213

Nach der gesetzlichen Systematik ist zwischen der Säumnis des Berufungsklägers, die ihre Regelung in § 539 Abs. 1 ZPO gefunden hat, und der Säumnis des Berufungsbeklagten, die in § 539 Abs. 2 ZPO geregelt ist, zu unterscheiden.

 

Rz. 214

Bleibt der Berufungskläger im Termin zur mündlichen Verhandlung säumig oder verhandelt dort nicht, was nach § 539 Abs. 3 i.V.m. § 333 ZPO der Säumnis gleichsteht, wird seine Berufung auf Antrag des Berufungsbeklagten durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Wie in erster Instanz für die Klage, ist auch bei dem Versäumnisurteil in der Berufungsinstanz Voraussetzung, dass die Berufung zulässig war. Ist die Berufung unzulässig gewesen, so wird sie durch unechtes Versäumnisurteil verworfen.[161]

 

Rz. 215

 

Hinweis

Wird die Berufung durch ein Versäumnisurteil zurückgewiesen, so verliert hierdurch eine Anschlussberufung nach § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung nicht.[162]

 

Rz. 216

Erscheint dagegen der Berufungsbeklagte in der Berufungsverhandlung nicht und beantragt der Berufungskläger, durch Versäumnisurteil zu entscheiden, so ist zu unterscheiden:

Ist die Berufung unter Berücksichtigung des zulässigen tatsächlichen Vorbringens des Berufungsklägers begründet, so ist das Versäumnisurteil nach Antrag zu erlassen.

 

Hinweis

Dabei bleibt – aufgrund der Säumnis des Beklagten – ein für den Kläger ungünstiges Ergebnis der Beweisaufnahme erster Instanz unberücksichtigt.[163]

Ist die Klage dagegen bereits unzulässig, so ist die Berufung des Klägers durch ein unechtes Versäumnisurteil, d.h. durch kontradiktorisches Urteil, zurückzuweisen.
 

Rz. 217

Ist die Berufung nach den tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts, die gem. § 529 ZPO zu berücksichtigen sind, und dem zulässigen tatsächlichen Vorbringen des Berufungsklägers unbegründet, so ist die Berufung ebenfalls durch ein unechtes Versäumnisurteil in Form eines kontradiktorischen Urteils zurückzuweisen.

[161] BGH NJW-RR 1986, 1041.
[162] BGH NJW 1984, 2951; Zöller/Heßler, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 524 Rn 28.
[163] BGH MDR 1979, 930.

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