Rz. 482

Im Fall einer Ablehnung des Rechtsschutzes kann der Versicherungsnehmer gegen den Rechtsschutzversicherer Deckungsklage erheben (zum Klageantrag vgl. Rdn 48, 525). Eine solche Klage muss der Versicherungsnehmer auf eigenes Kostenrisiko führen; Rechtsschutz gegen den eigenen Rechtsschutzversicherer gibt es nicht (§ 3 Abs. 2 h ARB). Eine grundsätzliche Frist für die Erhebung dieser Klage besteht nicht. Zu alternativen Möglichkeiten der Streitbeilegung mit dem Rechtsschutzversicherer vgl. Schneider.[476]

 

Rz. 483

Die bisherige Möglichkeit, wonach der Rechtsschutzversicherer dem Versicherungsnehmer mit der Deckungsablehnung eine Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Versicherungsanspruches von sechs Monaten setzen konnte (§ 12 Abs. 3 VVG a.F.; § 19 ARB 94/2000), ist mit der Reform des VVG 2008 ersatzlos weggefallen. Es ist aufgrund des Umkehrschlusses aus Art. 1 Abs. 4 EGVVG davon auszugehen, dass letztmalig bis zum 31.12.2007 eine Frist gem. § 12 Abs. 3 VVG a.F. wirksam gesetzt werden konnte.

 

Rz. 484

Die Deckungsklage ist gegen den Rechtsschutzversicherer zu erheben. Betreibt ein Kompositversicherer neben der Rechtsschutzversicherung auch noch andere Versicherungszweige, muss er, seitdem bezüglich der Rechtsschutzversicherung die Spartentrennung weggefallen ist, ein selbstständiges Schadenabwicklungsunternehmen mit der Leistungsbearbeitung beauftragen (§ 8 a VAG).

 

Rz. 485

 

Hinweis

Gegen dieses Schadenabwicklungsunternehmen, das meist in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird, muss gem. § 126 Abs. 2 VVG die Deckungsklage erhoben werden. Eine gegen den Rechtsschutzversicherer erhobene Deckungsklage wäre wegen fehlender Passivlegitimation unbegründet.[477]

 

Rz. 486

Ein gegen das Schadenabwicklungsunternehmen erwirkter Titel wirkt für und gegen den Rechtsschutzversicherer, wobei § 727 ZPO entsprechend anzuwenden ist (§ 126 Abs. 2 S. 2, 3 VVG). Als spannend für die kostenmäßige Abwicklung einer Deckungsklage im Kostenfestsetzungsverfahren erscheint eine jüngste Entscheidung des BGH, wonach das Schadenabwicklungsunternehmen – anders als der Rechtsschutzversicherer selbst – nicht gem. § 4 Nr. 10a UStG von der Umsatzsteuer befreit und daher vorsteuerabzugsberechtigt ist.[478]

 

Rz. 487

Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, bei dem die Deckungsklage zu erheben ist, ergibt sich aus § 20 ARB. Diese Zuständigkeit bestimmt sich zunächst nach dem Sitz des Rechtsschutzversicherers oder seiner für das jeweilige Versicherungsverhältnis zuständigen Niederlassung. Der bisherige Agentengerichtsstand (§ 20 Abs. 1 S. 2 ARB 94/2000 bzw. § 48 Abs. 1 VVG a.F.) ist im Rahmen der Reform des VVG 2008 weggefallen. Für den Versicherungsnehmer sehr vorteilhaft regelt nunmehr § 215 Abs. 1 S. 1 VVG sowie gleichlautend § 20 Abs. 1 ARB 2008 bzw. Nr. 9.2 ARB 2012, dass für sämtliche Klagen des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag auch das Gericht am Wohnsitz des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt der Klageerhebung örtlich zuständig ist. Für Klagen gegen den Versicherungsnehmer ist dieses Gericht nunmehr sogar ausschließlich zuständig (§ 215 Abs. 1 S. 2 VVG bzw. § 20 Abs. 2 ARB 2008). Streitig ist, inwieweit § 215 Abs. 1 S. 1 VVG auch für juristische Personen als Versicherungsnehmer gilt.[479] § 20 Abs. 1 S. 2 ARB bzw. Nr. 9.2 ARB 2012 versuchen insoweit, diesen besonderen Gerichtsstand auf natürliche Personen als Versicherungsnehmer zu beschränken.[480]

 

Rz. 488

 

Hinweis

Dieser neue Gerichtsstand des gegenwärtigen Wohnsitzes des Versicherungsnehmers für alle Aktiv- und Passivprozesse aus dem Versicherungsverhältnis stellt für diesen einen erheblichen Vorteil gegenüber der bisherigen Rechtslage dar, da bisher beim Direktvertrieb oder bei einem Umzug des Versicherungsnehmers nach Abschluss des Versicherungsvertrages der Agentengerichtsstand häufig nicht zu einem Gerichtsstand am Wohnort des Versicherungsnehmers führte. Nunmehr kann tatsächlich der Versicherungsnehmer die Deckungsklage stets bei seinem Wohnsitzgericht erheben.

 

Rz. 489

Richtet sich die Deckungsklage gegen ein Schadenabwicklungsunternehmen (§ 126 VVG), so ist auf dessen Firmensitz abzustellen.

 

Rz. 490

Der Streitwert des Deckungsprozesses entspricht dem Kostenbetrag, der dem Versicherungsnehmer droht, wenn die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen, für die er Rechtsschutz begehrt, für ihn ungünstig endet. Stehen diese Kosten der Höhe nach noch nicht fest, sind sie vorab zu ermitteln, beschränkt auf jeweils eine gerichtliche Instanz, falls die Interessenwahrnehmung schon das Prozessstadium erreicht hat (also in der Regel drei Gerichtsgebühren sowie fünf Rechtsanwaltsgebühren nebst Auslagenpauschalen und Mehrwertsteuer, berechnet aus dem Streitwert der vom Versicherungsnehmer geplanten Auseinandersetzung, abzüglich 20 % Feststellungsabschlages, ­jedoch ohne Zeugenentschädigungen und Sachverständigenkosten).[481]

[476] Schneider, Rn 533 ff.
[478] BGH VersR 2016, 1593.
[479] Für die Anwendbarkeit auf juristische Personen: Fricke, Vers...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge