Rz. 454

Eine Obliegenheit, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte, findet sich in § 17 Abs. 5 c cc ARB (§ 15 Abs. 1 d cc ARB 75). Auch diese Obliegenheit steht unter dem Vorbehalt, dass die Interessen des Versicherungsnehmers durch ihre Erfüllung nicht unbillig beeinträchtigt werden. Den Rechtsanwalt trifft schon aufgrund des Mandatsvertrages die Pflicht, unnötige Kosten zu vermeiden.

 

Beispiele für unnötige Kostenerhöhungen nach der früheren Rechtsprechung

Erhebung einer neuen Klage statt Klageerweiterung bei erneuter Kündigung durch den Arbeitgeber während einer anhängigen Kündigungsschutzklage;[440] Erhebung einer separaten Lohnfortzahlungsklage statt Erweiterung einer schon anhängigen Kündigungsschutzklage; Erhebung mehrerer Klagen an unterschiedlichen Gerichtsorten statt einheitlicher Klage mit Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gegen gesamtschuldnerisch haftende Ärzte;[441] Unterlassung der Einlegung von Rechtsmitteln gegen unzutreffende Kostenentscheidungen oder überhöhte Streitwertfestsetzungen (!).[442]

 

Rz. 455

Der BGH hat in einem Terminshinweis die Auffassung vertreten, die vorgenannte Kostenvermeidungsobliegenheit sei wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.[443] Obwohl es wegen eines anschließenden Anerkenntnisses durch den Rechtsschutzversicherer zu keiner förmlichen Entscheidung mehr gekommen ist, wird inzwischen auch durch die obergerichtliche Rechtsprechung von einer Unwirksamkeit ausgegangen.[444]

 

Rz. 456

Infolge des vorgenannten Terminshinweises ist in § 17 Abs. 1 c bb ARB 2010 die Kostenvermeidungsobliegenheit weitgehend neu formuliert und erheblich erweitert worden. Neben einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit des § 82 VVG sind nunmehr in Form von Regelbeispielen zusätzlich die Pflicht zur Bündelung von Prozessen, zur Erhebung einer Teilklage, der Verzicht auf (zusätzliche) nicht notwendige Klageanträge sowie die erforderliche Erteilung eines unbedingten Prozessauftrags ausdrücklich genannt und schließlich auch eine explizite Pflicht zur Einholung und Befolgung von Weisungen des Versicherers neu geregelt worden.[445] Hinsichtlich dieser erheblichen Erweiterungen der Obliegenheiten bleibt die Wirksamkeitskontrolle durch die Rechtsprechung abzuwarten.[446] Jedenfalls kann der Rechtsschutzversicherer nicht verlangen, dass lediglich Feststellungsklage statt einer beabsichtigten Leistungsklage erhoben wird.[447] Nr. 4.1.1.4 ARB 2012 verweist insoweit nunmehr (nur noch) auf die gesetzliche Schadensminderungsobliegenheit des § 82 VVG, eine generelle Kostengeringhaltungspflicht sowie eine Pflicht zur Befolgung und ggf. Einholung von Weisungen des Rechtsschutzversicherers.

[440] LG Oldenburg r+s 1993, 146.
[442] LG Mannheim zfs 1989, 130; LG Stuttgart zfs 2000, 221.
[443] BGH, Hinweis v. 22.5.2009 – IV ZR 352/07, AnwBl. 2009, 784; zu den Folgen Bauer, NJW 2011, 646; Cornelius-Winkler, r+s 2010, 89 ff.
[444] OLG Celle r+s 2011, 515; OLG München VersR 2012, 313; OLG Köln VersR 2012, 1385; OLG Frankfurt zfs 2013, 398; LG Dortmund VuR 2011, 396; LG Düsseldorf zfs 2011, 639; LG Köln r+s 2012, 437; a.A. weiterhin LG Karlsruhe VersR 2011, 1044.
[445] Schneider, Rn 408.
[446] Schneider, a.a.O.; von der Wirksamkeit jedenfalls hinsichtlich der konkreten Regelbeispiele in § 17 Abs. 1 c bb ARB 2010 ausgehend OLG Köln VersR 2016, 113; skeptisch hinsichtlich der Wirksamkeit Cornelius-Winkler, r+s 2011, 141.
[447] OLG Hamm VersR 2017, 418.

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