Entscheidungsstichwort (Thema)

von einer Versicherungsgesellschaft in Rechtsschutzversicherungsverträgen mit Verbrauchern verwendete Allgemeine Geschäftsbedingung

 

Leitsatz (amtlich)

"Der Versicherungsnehmer hat, soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden, alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte."

ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot und wegen Unvereinbarkeit mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, gem. § 307 BGB unwirksam.

 

Normenkette

BGB § 307

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 09.03.2011; Aktenzeichen 23 O 16179/10)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 9.3.2011 in Ziff. 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

"2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200 EUR zu bezahlen, dies zzgl. Jahreszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13.7.2010. Im Übrigen wird der Zahlungsantrag abgewiesen.".

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein - in der vom Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragener - Verbraucherschutzverein; er beanstandet eine von der beklagten Rechtsschutzversicherungsgesellschaft verwendete AGB-Klausel.

Die Beklagte verwendet gegenüber ihren Versicherungsnehmern folgende AGB-Klausel, die als § 17 Abs. 5 Buchst. c) Unterbuchst. cc) in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (... ARB 2009; vgl. Anlage K 1) der Beklagten enthalten ist und inhaltsgleich auch in einer Reihe vorausgegangener allgemeiner Rechtsschutzbedingungen der Beklagten enthalten war (im Folgenden: "streitgegenständliche Klausel"):

§ 17 Verhalten nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles

(5) Der Versicherungsnehmer hat

...

c) soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden,

...

cc) alles zu vermeiden, was eine unnötige Erhöhung der Kosten oder eine Erschwerung ihrer Erstattung durch die Gegenseite verursachen könnte."

Die ... ARB 2009 enthalten ferner in § 17 Abs. 6 folgende im Streitfall nicht angegriffene Klausel:

"(6) Wird eine der in den Abs. 3 oder 5 genannten Obliegenheiten vorsätzlich verletzt, verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz. Bei grob fahrlässiger Verletzung einer Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Weist der Versicherungsnehmer nach, dass er die Obliegenheit nicht grob fahrlässig verletzt hat, bleibt der Versicherungsschutz bestehen.

Der Versicherungsschutz bleibt auch bestehen, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt noch die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung ursächlich war. Das gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat."

Rechtsschutzversicherungsunternehmen berufen sich auf die streitgegenständliche oder eine inhaltsgleiche Klausel insbesondere dann, wenn Rechtsanwälte in Angelegenheiten der Arbeitsgerichtsbarkeit für Versicherungsnehmer vorgerichtlich tätig geworden sind und insoweit eine halbe Gebühr neben den für das Gerichtsverfahren anfallenden Gebühren bestehen bleibt (vgl. Vorbem. 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 RVG-VV), die vom Gegner im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu erstatten ist (vgl. BGH NJW 2007, 2049 f.).

Der Kläger ist der Auffassung, dass die streitgegenständliche Klausel gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot sowie gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 BGB wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot unwirksam sei.

Der Kläger hat die Beklagte vorprozessual anwaltlich abgemahnt (vgl. Anlagen K 5a und K 5b). Die Beklagte hat keine Unterlassungserklärung abgegeben (vgl. Anlage K 6).

Der Kläger hat vor dem LG beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes - und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der Beklagten, insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, beim Abschluss von Rechtsschutz-Versicherungsverträgen mit Verbrauchern die nachstehend zitierte Klausel in neue Versicherungsverträge einzubeziehen oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge der genannten Art auf diese Klausel zu berufen [die nachstehend kursiv und in eckigen Klammern abgedruckten Textbestandteile sind nicht Gegenstand des Verbots, sondern dienen nur seinem besseren Verständnis]:

"[§ 17 Verhalten nach Eintritt d...

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