Rz. 4

Die Vorschriften über die Beiordnung eines Anwalts im Wege der PKH sind unter anderem anwendbar in

zivilgerichtlichen Verfahren,
arbeitsgerichtlichen Verfahren,
Verfahren der besonderen Gerichtsbarkeit (Verwaltungsgerichts-, Sozialgerichts- und Finanzgerichtsverfahren),
Patent-, Gebrauchsmuster- und Sortenschutzsachen,
Markenrechtssachen.
 

Rz. 5

In Strafsachen gilt die 4. Spalte des Vergütungsverzeichnisses in Teil 4 (gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt) und §§ 121 ff. ZPO nur, soweit ausdrücklich auf diese Bestimmungen Bezug genommen wird, vgl. dazu z.B. § 397a StPO.

 

Rz. 6

Der PKH-Anwalt ist nicht zu verwechseln mit dem Pflichtverteidiger in Strafsachen. Der Gebührenanspruch des Pflichtverteidigers, der dem Beschuldigten vom Gericht als Verteidiger beigeordnet wird, ergibt sich aus der 4. Spalte des Vergütungsverzeichnisses zu Teil 4 und 5. Ist der RA gerichtlich bestellt, so erhält er anstelle der in der Spalte 3 vorgesehenen Betragsrahmengebühr des Wahlanwalts die in Spalte 4 des Vergütungsverzeichnisses enthaltenen Festgebühren.

 

Rz. 7

Ist eine Verteidigung durch einen Anwalt notwendig und hat der Beschuldigte selbst noch keinen Verteidiger gewählt, ist ihm von Amts wegen ein Pflichtverteidiger zu bestellen (§§ 140 ff. StPO). Der Pflichtverteidiger erhält seine Vergütung aus der Staatskasse. Der Abschluss einer Honorarvereinbarung ist möglich, eine Anrechnungspflicht ergibt sich ggf. aus § 58 Abs. 3 RVG, hierzu später mehr. Sofern der Angeklagte verurteilt wird, werden ihm in der Regel die Verfahrenskosten auferlegt; die Staatskasse fordert die verauslagten Pflichtverteidigergebühren dann vom Verurteilten zurück. Das Gericht gibt dem Angeklagten in der Regel Gelegenheit, einen Anwalt seiner Wahl zu benennen, der dann als Pflichtverteidiger bestellt werden kann. Zwar soll – aus Kostengründen – möglichst ein ortsansässiger Anwalt bestellt werden; in besonderen Fällen kann aber auch ein auswärtiger Anwalt Pflichtverteidiger werden.

 

Rz. 8

PKH dagegen wird auf Antrag einer Partei gewährt, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung (= Gerichtskosten, auch Sachverständigenkosten und Zeugenauslagen sowie die Kosten des eigenen Rechtsanwalts)

nicht,
nur zum Teil oder
nur in Raten aufbringen kann, sofern
die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
nicht mutwillig erscheint.
 

Rz. 9

Dem Antragsteller kann PKH so bewilligt werden, dass er gar keine Zahlungen zu erbringen hat oder aber aufgrund der Höhe seines Einkommens verpflichtet wird, monatliche Ratenzahlungen zu leisten, jedoch maximal für die Dauer von 48 Monaten (§ 115 Abs. 2 ZPO).

 

Rz. 10

Allerdings muss bedacht werden, dass auch bei Gewährung von PKH im Falle des Prozessverlustes die dem Gegner entstandenen notwendigen Kosten, also insbesondere dessen Rechtsanwaltskosten, zu erstatten sind (§ 123 ZPO). Diese richten sich dann auch nicht nach der günstigeren Tabelle zu § 49 RVG, sondern vielmehr nach der "normalen" Tabelle zu § 13 Abs. 1 RVG. Denn die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bedeutet nur, dass die Staatskasse die Kosten des eigenen beigeordneten Anwalts übernimmt, nicht aber im Unterliegensfall die Kosten des Gegenanwalts. Das gilt sogar dann, wenn auch der Gegenanwalt im Wege der PKH beigeordnet worden ist. Prozesskostenhilfe regelt also immer nur den Anspruch zwischen dem Auftraggeber und seinem eigenen Anwalt.

 

Rz. 11

Haben z.B. beide Parteien Prozesskostenhilfe bewilligt erhalten (was nach Ansicht des BVerfG möglich ist), können beide Anwälte zwar ihre Kosten mit der Staatskasse zunächst abrechnen. Der Rechtsanwalt, dessen Partei den Prozess gewonnen hat, wird zudem dann in der Regel seine Differenz-Vergütung zwischen Regelgebühren (§ 13 RVG) und PKH-Gebühren (§ 49 RVG) nach § 126 ZPO gegen die unterlegene Partei festsetzen lassen. Die Staatskasse wird sich jedoch die für die obsiegende Partei gezahlten Beträge dann ihrerseits bei der unterlegenen Partei "zurückholen". Im Endeffekt bedeutet dies, dass die gesamte Anwaltsvergütung in Höhe der "normalen" Vergütung (also der Regelvergütung nach § 13 RVG) von der unterlegenen Partei zu zahlen ist. Hierauf hat der Anwalt den Mandanten hinzuweisen.

I. Antrag und Antragsform

 

Rz. 12

Das PKH-Verfahren ist in den §§ 114 ff. ZPO geregelt. Gemäß §§ 117 Abs. 1, 127 Abs. 1 ZPO ist der PKH-Antrag bei dem für den Rechtsstreit über die Hauptsache zuständigen Prozessgericht zu stellen. Er kann dort schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Das bedeutet, dass es für den Antrag auf PKH keines Anwalts bedarf. Diesen könnte der Mandant auch selbst stellen und zwar auch dann, wenn das Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht durchzuführen wäre. In dem Antrag muss das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel dargestellt werden. Dies geschieht in der Regel dadurch, dass dem Antrag eine Klage im Entwurf beigefügt wird. Ferner muss die Partei eine Erklärung über die persön...

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