Rz. 179

Kann die geplante Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder die begonnene Ausbildung nicht fortgesetzt werden, muss der Verletzte wahrscheinlich machen, dass er die Ausbildung ohne den Unfall begonnen und erfolgreich abgeschlossen hätte. Bei schon begonnener Ausbildung muss vor allem deren bisheriger Verlauf herangezogen werden. Auf dieser Basis muss beurteilt werden, ob der Verletzte die Ausbildung ohne Unfall voraussichtlich erfolgreich abgeschlossen hätte und dann auch in dem erlernten Beruf einen Arbeitsplatz gefunden hätte. Es ist vom Gewöhnlichen und Normalen auszugehen.

 

Rz. 180

Trifft das Schadensereignis ein jüngeres Kind, ist die Prognose besonders schwierig (siehe dazu unten Rdn 185).

 

Rz. 181

Der Schädiger hat die Differenz zwischen den aus dem angestrebten Beruf zu erzielenden Einkünften und dem tatsächlich vom Geschädigten bezogenen (oder bei zumutbarer Bemühung zu erlangenden) Einkommen zu ersetzen.[383] Dabei kann eine Differenz erst ab dem Zeitpunkt gebildet werden, in welchem der Verletzte die höher qualifizierte Berufstätigkeit bei normalem Gang der Dinge hätte aufnehmen können. Hat der Verletzte, der wegen des Unfalls eine kürzere Ausbildung wählen musste, bis zu diesem Zeitpunkt aber bereits Einkünfte aus seiner Berufstätigkeit erzielt, so können diese angerechnet werden. Hingegen kann die Ersparnis höherer Ausbildungskosten nicht berücksichtigt werden.[384]

 

Rz. 182

Rehabilitationskosten, durch die eine Ausbildung zu einem dem Verletzten noch möglichen Beruf finanziert wird, sind vom Schädiger zu erstatten.[385] Neben den Kosten der Berufsfindungsmaßnahme sind dem Verletzten auch die Kosten der Berufsausbildung einschließlich einer internatsmäßigen Unterbringung zu ersetzen.[386]

[383] OLG Köln, Urt. v. 21.3.1997 – 19 U 158/96, VersR 1998, 507.
[384] Vgl. Steffen, VersR 1985, 605 ff., 609.
[385] Vgl. dazu OLG Frankfurt, Urt. v. 18.4.1991 – 3 U 221/88, VersR 1992, 888; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.3.1988 – 10 U 24/88, DAR 1988, 241 f.
[386] OLG Frankfurt, Urt. v. 18.4.1991 – 3 U 221/88, a.a.O.; beispielhaft sei noch auf folgende Fälle verwiesen: BGH, Urt. v. 4.6.1996 – VI ZR 227/94 – NJWE-VHR 1996, 141: Rückkehr vom Gymnasium zur Hauptschule; OLG Celle, Urt. v. 3.1.2007 – 14 U 45/06, VersR 2008, 82: Verhinderte Pilotenausbildung; OLG Frankfurt, Urt. v. 17.10.1997 – 22 U 11/95, NZV 1998, 249: Abbruch des Studiums; OLG Karlsruhe, Urt. V. 25.11.1988 – 10 U 188/88, VersR 1989, 1101: Besuch einer Sonderfachschule wegen Hirnschadens; OLG Nürnberg, Urt. v. 29.10.2002 – 3 U 1575/02, Schaden-Praxis 2003, 307: Wechsel vom Gymnasium zur Realschule).

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