Rz. 138

Der Vorerbe ist grundsätzlich zur Verfügung über den Nachlass befugt. Diese Verfügungsbefugnis ist im Gesetz zwar eingeschränkt, der Nacherbe ist aber nach § 2120 BGB grundsätzlich verpflichtet, eine Zustimmung zu allen Verfügungen des Nacherben zu erteilen, wenn sie im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Praxisrelevant sind hier insbesondere Grundstücksveräußerungen durch den nicht befreiten Vorerben. Bei einer befreiten Vorerbschaft bedarf nur die unentgeltliche Verfügung der Zustimmung des Nacherben.

 

Rz. 139

Der Tatbestand des § 2113 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das Grundstück dem Nachlass zugehört. Umstritten ist, ob Verfügungen über ein Grundstück auch dann hierunter fallen, wenn die Immobilie zu einer Gesamthandgemeinschaft gehört, an welcher der Vorerbe lediglich beteiligt ist. Der BGH hat entschieden, dass der Vorerbe ohne entsprechende Beschränkungen verfügen darf, wenn der Vorerbe an einer Erbengemeinschaft beteiligt ist, zu deren Nachlass im Rahmen des Gesamthandvermögens ein Grundstück zählt.[79]

 

Rz. 140

Die Rechtsprechung räumt dem Schutz der von der Nacherbschaft nicht betroffenen Gesamthandanteile insoweit also den Vorrang vor den Interessen des Nacherben ein, jedenfalls dann, wenn diese Anteile nicht dem Vorerben selbst, sondern Dritten zustehen. Ansonsten würden ja auch alle Miterben den gleichen Verfügungsbeschränkungen unterliegen wie der Vorerbe.

 

Rz. 141

In jedem Fall der behaupteten ordnungsgemäßen Verwaltung ist zur Überprüfung, ob die Maßnahme dem entspricht, ein strenger Maßstab anzulegen. Das Interesse des Nacherben an Substanzerhaltung ist hoch zu bewerten. Der Vorerbe hat den wirtschaftlichen Wert des Nachlasses so gut wie immer möglich zu erhalten und zu mehren.

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